Samstag,
8. April 1933
Schreiben des Präsidenten des Landgerichts I an Gerhard Intrator
Gerhard Intrator (1910–1993) erhielt den hier gezeigten Bescheid am 8. April, einen Tag nach seinem 23. Geburtstag – und einen Tag nach Verabschiedung des »Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, das die Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes einleitete. Das Schreiben vom Präsidenten des Landgerichts I suspendierte ihn von seinem Vorbereitungsdienst für die Beamtenlaufbahn. Nach vierjährigem Studium und einem Jahr Referendariat blickte er in eine völlig ungewisse Zukunft. In den folgenden Wochen wurde sein Ausschluss von jeglicher Beschäftigung im Justizdienst besiegelt.
Zum Glück fand Gerhard Intrator Anfang Juni eine Anstellung in der Verwaltung der Firma seines Cousins, der Gebrüder Berglas Mechanische Kammgarnwebereien AG. Trotz der Aussichtslosigkeit, je im deutschen Justizwesen tätig zu werden, schloss er im Juni 1934 seine Dissertation ab, mit einer Arbeit über »Inhalt, Zweck und Schicksal des gescheiterten Strafprozessentwurfs von 1908 unter besonderer Berücksichtigung der Strafgerichtsverfassung«. Sein ursprüngliches Thema hatte er auf Anraten seines Professors bereits 1932 aufgegeben: »Das Strafrechtsprogramm der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei«.
1937 konnte Gerhard Intrator in die USA auswandern. In den folgenden Jahren bemühte er sich intensiv um die Rettung seiner Eltern. Erst Anfang 1942 gelangten sie über Lissabon nach Kuba und im April 1943 schließlich nach New York, wo der Vater einen Tag nach seiner Ankunft starb.
Aubrey Pomerance