Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Montag,
14. August 1933

Postkarte von Carl Rössler an Georg Hermann

»In meine Heimat ›ausgewandert‹!!« So ironisch und verbittert beschrieb der Schriftsteller und Schauspieler Carl Rössler (1864–1948) seine Flucht aus Berlin in seine Geburtsstadt Wien im April 1933. Er wählte diese Worte in einer Postkarte an den mit ihm befreundeten Georg Hermann, der seit März des Jahres selbst im niederländischen Exil lebte. Rössler, der sich erst 1928 in der deutschen Hauptstadt niedergelassen hatte, sah sich zu diesem Schritt genötigt, nach dem die Nationalsozialisten die Aufführung seiner Werke verboten hatten. Der 69-Jährige fühlte sich dem Ende nah, wollte sich aber nunmehr nicht »gleichschalten lassen«.

Bereits seit den 1890er Jahren trat Carl Rössler als Schauspieler auf deutschen Bühnen auf. Ab 1905 wandte er sich fast ausschließlich dem Schreiben zu und verfasste zahlreiche Lustspiele. Berühmt wurde er mit der 1911 uraufgeführten Komödie »Die Fünf Frankfurter«, einem Stück über die Bankiersfamilie Rothschild, das große Erfolge feierte und bis heute Rösslers bekanntestes Werk ist. Mit Kurt Tucholsky, Marcellus Schiffer und Ludwig Heller schrieb er Libretti, u.a. für Max Reinhardt. Zu einer Zusammenarbeit mit Georg Hermann kam es nicht, was Rössler in seiner Karte an Hermann ausdrücklich bedauerte.

Carl Rössler blieb bis November 1938 in einem Wiener Altersheim wohnen. Einige Monate zuvor wurde mit dem Anschluss Österreichs seine Befürchtung, dass die »Gehirncholera (der Nazis) zur Regierung« kommen könnte, weit übertroffen und die Notwendigkeit »wieder auszuwandern« zur Tatsache. Im Juni 1939 floh er nach Großbritannien und lebte in Cambridge, Oxford und schließlich London, wo er 1948 verstarb.

Aubrey Pomerance

Kategorie(n): Auswanderung | Berlin | Berufsverbot | Künstler und Schriftsteller
Postkarte von Carl Rössler an Georg Hermann in Laren (Nord-Holland), Wien, 14. August 1933. Rössler adressiert die Karte mit Hermanns bürgerlichem Namen: Georg H. Borchard(t), der sich als Schriftsteller Georg Hermann nannte.
Leo Baeck Institute, Georg Hermann Collection, AR 7074
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