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This Place
Fotoausstellung
Aus der Perspektive von zwölf internationalen Fotokünstler*innen näherte sich die Ausstellung der Komplexität Israels und des Westjordanlandes – der Topografie, den Bewohner*innen und ihrem Alltag.
Den Ansatz seines Projektes beschreibt der Initiator und Fotograf Frédéric Brenner als Wunsch, den aus der Berichterstattung über die Region bekannten Bildwelten neue künstlerische Motive hinzuzufügen. Dafür konnte er namhafte Fotograf*innen gewinnen: Wendy Ewald, Martin Kollar, Josef Koudelka, Jungjin Lee, Gilles Peress, Fazal Sheikh, Stephen Shore, Rosalind Fox Solomon, Thomas Struth, Jeff Wall und Nick Waplington.
Sämtliche beteiligten Fotograf*innen stammen von außerhalb Israels und des Westjordanlands. Zwischen 2009 und 2012 hielten sie sich über längere Zeiträume in Israel und im Westjordanland auf. Wie sie arbeiteten und ihre Motive aussuchten, stand ihnen ganz frei. So präsentierte die Ausstellung zwölf sehr unterschiedliche Perspektiven.
Die insgesamt mehr als 200 Fotografien setzen sich zu einem vielschichtigen visuellen Portrait zusammen. Themen wie Identität, Familie, Heimat und Landschaft rücken in den Fokus, während der Nahostkonflikt mal mehr und mal weniger sichtbar ist. Das Ergebnis ist eine zutiefst humanistische und nuancierte Erkundung, in welcher Kunst jenseits der Illustration von Konflikten, als ein Forum dient, um Fragen aufzuwerfen. Die Betrachter*innen waren durch die sehr unterschiedlichen Arbeiten dazu eingeladen, über die Heterogenität der Region ins Gespräch zu kommen.
Frédéric Brenner war sich bewusst, dass auf keinen Fall nur ein einzelner Blickwinkel die Komplexität dieses geschichtsträchtigen und umstrittenen Ortes erfassen könnte. Wenn Brenner von Israel spricht, hat er zudem nicht nur den aktuellen Staat Israel und die Geschichte dieser Region im Kopf. Vielmehr geht es ihm auch um das metaphorische Israel, das die Vorstellung in die Welt brachte, ein bestimmtes Territorium trage eine Verheißung für die Menschheit in sich.
An Umfang und Zielsetzung ist This Place vergleichbar mit fotografischen Projekten aus vergangenen Jahrzehnten – etwa dem berühmten Aufruf der Farm-Security-Behörde, die USA im Zeichen der Großen Depression der 1930er-Jahre zu fotografieren; oder der Mission Photographique de la DATAR, die das ländliche Frankreich der 1980er in Bildern festhielt. Anders als diese Vorbilder erhielt This Place keinerlei Förderung von Regierungsseite.
Die Künstler*innen über ihre Erfahrungen mit dem Projekt This Place
Frederic Brenner ist vor allem für sein Werk Diaspora: Homelands in Exile bekannt, für das er 25 Jahre lang in 40 Ländern recherchierte, um ein visuelles Porträt der jüdischen Gemeinschaft am Ende des 20. Jahrhunderts zu schaffen. Einzelausstellungen hatte Brenner unter anderem am Brooklyn Museum of Art, am International Center of Photography in New York, bei den Rencontres Internationales de la Photographie in Arles, am Musee de l'Elysee in Lausanne sowie in Mexiko-Stadt, Tel Aviv, Paris, Amsterdam und Buenos Aires.
Wendy Ewald arbeitet seit 50 Jahren mit Kindern, Familien und Lehrer*innen rund um die Welt zusammen. Sie lässt die Menschen, mit denen sie arbeitet, selbst zur Kamera greifen, um sich, ihre Familien und ihr Umfeld eigenständig aufzunehmen und ihre Fantasien und Träume zu artikulieren. Ewald hatte Einzelausstellungen unter anderem am International Center of Photography in New York, an der Corcoran Gallery of American Art und am Fotomuseum in Winterthur, Schweiz. 1997 stellte sie bei der Whitney-Bienniale aus.
Martin Kollar hat, neben anderen Auszeichnungen, den Prix Elysee und den Oscar-Barnack-Preis erhalten. Seine Fotos sind weltweit vielfach ausgestellt worden, an Orten wie der Slowakischen Nationalgalerie (Bratislava), dem Martin-Gropius-Bau (Berlin), dem Kunstmuseum Tel Aviv, dem Brooklyn Museum, der Maison Européene de la Photographie (Paris) und dem Musée de l’Elysee (Lausanne).
Josef Koudelka verließ die Tschechoslowakei 1970 als politischer Asylsuchender und wurde kurze Zeit später Mitglied der Fotograf*innengruppe Magnum. Seit 1986 arbeitete er mit einer Panoramakamera. Ausstellungen seiner Fotos wurden am Museum of Modern Art und am International Center of Photography in New York gezeigt, in der the Hayward Gallery (London), am Stedelijk Museum (Amsterdam), am Art Institute of Chicago, am J. Paul Getty Museum (Los Angeles) sowie im Palais de Tokyo und am Centre Pompidou (beide Paris).
Jungjin Lee erschafft kulturübergreifende fotografische Landschaften, in denen sich Methoden und Materialien aus der östlichen und westlichen Bildtradition – sowohl der Fotografie als auch der Malerei – vermischen. Lees Arbeiten sind weltweit ausgestellt worden, unter anderem in einer Gesamtschau am Fotomuseum Winterthur in der Schweiz (2016) und am Nationalen Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Südkorea (2018).
Gilles Peress ist mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet worden, darunter die John Simon Guggenheim Memorial Foundation Fellowship, der Erich-Solomon-Preis sowie mehrere Stipendien vom National Endowment for the Arts. Seine Arbeiten wurden unter anderem am Museum of Modern Art ausgestellt, am Metropolitan Museum of Art, am Whitney Museum of American Art, am Art Institute of Chicago, am Getty Museum, am Walker Art Center und am Centre Georges Pompidou.
Fazal Sheikh porträtiert rund um die Welt Menschen, die in heimatvertriebenen und marginalisierten Gemeinschaften leben. Das Porträt ist sein Hauptmedium, doch Sheikhs Werk umfasst auch persönliche Schilderungen der Porträtierten, zufällige Motive, Klänge und seine eigenen geschriebenen Texte. Vielfach international ausgezeichnet, wurden seine Arbeiten unter anderem an der Tate Modern (London), am Metropolitan Museum of Art (New York) und bei der Henri-Cartier-Bresson-Stiftung (Paris) ausgestellt.
Stephen Shore war mit 24 Jahren der erste Fotograf seit Alfred Stiglitz (40 Jahre zuvor), der zu Lebzeiten eine Einzelausstellung am Metropolitan Museum of Art in New York hatte. Weitere Einzelausstellungen richteten die Kunsthalle Düsseldorf, das Hammer Museum (Los Angeles), das Jeu de Paume (Paris) und das Art Institute of Chicago aus. 2017 wurde am Museum of Modern Art eine Retrospektive eröffnet, die Shores gesamte Karriere umspannt.
Rosalind Fox Solomon erkundet Beziehungen und Überlebensstrategien und geht den Tiefenverbindungen zwischen Macht, Zurückweisung, Kampf, Trauer, Ritual und Glauben nach. Solomons Fotos befinden sich in den Sammlungen von über 50 Museen, und ihre Arbeiten wurden in fast 30 Einzel- und 100 Gruppenausstellungen gezeigt. Zu den zahlreichen Auszeichnungen, die sie erhielt, zählt der Lifetime Achievement Award des International Center of Photography 2019.
Thomas Struth gehörte der ersten Künstler*innengeneration an, die bei Bernd und Hilla Becher Fotografie studierten, und ist einer der herausragenden Fotokünstler Deutschlands. Umfassende Einzelausstellungen seiner Arbeit wurden unter anderem am Stedelijk Museum (Amsterdam), am Metropolitan Museum of Art (New York), am Museo del Prado (Madrid), am Folkwang-Museum (Essen) und am Haus der Kunst (München) gezeigt.
Jeff Wall hat seine Arbeiten in Museen rund um die Welt ausgestellt, darunter das Padiglione d’Arte Contemporanea (Mailand), die Victoria-Nationalgalerie (Melbourne) und das Museo Tamayo (Mexiko-Stadt). 2007 war eine Wander-Einzelausstellung von Walls Fotos am Museum of Modern Art (New York), am Art Institute of Chicago und am San Francisco Museum of Art zu sehen.
Nick Waplington wurde 1993 mit dem Infinity Award des International Center of Photography ausgezeichnet und vertrat Großbritannien bei der Biennale Venedig 2001. Ausgestellt wurden seine Arbeiten unter anderem in der Whitechapel Gallery (London) und am Philadelphia Museum of Art. Zu den bedeutenden Museumssammlungen, in denen Waplingtons Arbeiten vertreten sind, zählen die des Guggenheim Museum (New York), des Philadelphia Museum of Art und des Museum of Modern Art (New York).
Die Ausstellung war im Jüdischen Museum Berlin nach Stationen u. a. im DOX Center für zeitgenössische Kunst in Prag, im Tel Aviv Museum of Art in Israel und im Brooklyn Museum of Art erstmals in Deutschland zu sehen.
Die Ausstellung wurde organisiert von der Chronicle of a People Foundation, Inc., New York.
Der Begleitband This Place, herausgegeben von Matt Brogan, mit Texten von Matt Brogan, Charlotte Cotton, Miki Kratsman, Jeff Rosenheim, Rachel Seligman, gestaltet von Julia Wagner, grafikanstalt erscheint im Hatje Cantz Verlag (2019, Englisch, 280 Seiten, 279 Abb., gebunden, Größe: 32 x 30 cm, Preis: 48 €, Preis im Museumsshop: 44,- €).
Informationen zur Ausstellung im Überblick
- Wann 7. Jun 2019 bis 19. Apr 2020
- Wo Altbau 1. OG
Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin
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