„Ich will mir gern die Finger verbrennen“
Der Journalist Theodor Wolff (1868–1943)
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Diese kleine Vitrinenausstellung Ich will mir gern die Finger verbrennen spannte den Bogen von Theodor Wolffs Kindheit und Familienleben über seine journalistische Karriere und sein politisches Engagement bis hin zu Verfolgung und Exil nach 1933. Sie spiegelte damit auch die politischen Entwicklungen während des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, deren scharfzüngiger Kommentator und Beobachter Theodor Wolff stets war. Zu sehen waren unter anderem Dokumente, private und berufliche Korrespondenzen, Fotos, Auszüge aus Zeitungen und Zeitschriften, Bücher und andere Gegenstände aus dem Wolffschen Elternhaus.
Ausstellung bereits beendet
Where
Libeskind-Bau UG
Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin
Wer war Theodor Wolff?
Theodor Wolff, 1868 in Berlin geboren, wuchs mit drei Geschwistern in einem großbürgerlichen Elternhaus auf. Der Vater war Textilkaufmann, mit der Mutter teilte der Sohn seine schöngeistigen Interessen an Kunst, Literatur und Theater. Die Wolffs waren Juden, jedoch nicht streng religiös: Nur zu den hohen Feiertagen besuchte die Familie die Synagoge.
1887 begann Theodor Wolff eine kaufmännische Lehre im Zeitungsverlag seines Cousins Rudolf Mosse. Seine Leidenschaft aber galt dem Theater: Er war Mitbegründer des Vereins Freie Bühne, der mit der Aufführung moderner, naturalistischer Dramen Skandale auslöste und das Theater revolutionierte. Zudem versuchte sich Wolff selbst als Dramatiker, doch die Kritik zeigte sich wenig begeistert. Mehr Erfolg hatte er als Journalist, mit Theaterkritiken und Berichten von weiten Reisen, die ihn bis nach Konstantinopel und Nordafrika führten.
Pariser Zeit
1894 begann für Theodor Wolff die Zeit, die er später als „meine glücklichsten Jahre“ beschreiben sollte: Rudolf Mosse schickte den 26-jährigen als Korrespondenten nach Paris. Theodor Wolff blieb zwölf Jahre, berichtete nicht nur über Kunst und Kultur, sondern auch zunehmend über Politik. Berühmt wurde er mit seinen scharfen und kritischen Analysen der Dreyfus-Affäre, die Frankreich erschütterte. 1902 heiratete er die in Paris lebende deutsche Schauspielerin Marie Louise Anna Hickethier, eine Protestantin. Auch Richard, das erste ihrer drei Kinder, wurde hier geboren.
Chefredakteur des Berliner Tageblatts
1906 bot Rudolf Mosse Theodor Wolff den Posten des Chefredakteurs im Berliner Tageblatt an. Wolff nahm an, obwohl ihm der Abschied von Paris schwerfiel, und machte die Zeitung dank kluger Personalpolitik zum Aushängeschild des liberalen Journalismus. Seine Erfahrungen auf dem politischen Parkett der französischen Hauptstadt gaben ihm Sicherheit für seinen Auftritt in Berlin, wo er sich rasch als scharfer Kritiker des Wilhelminismus und seiner Kriegspolitik etablierte – ab 1914 zunehmend von Zensur und Verboten behindert.
In der Weimarer Republik sah Theodor Wolff viele seiner politischen Ideale verwirklicht und unterstützte die junge, immer gefährdete Demokratie nach Kräften – nicht nur publizistisch, sondern auch als Mitbegründer der liberalen Deutschen Demokratischen Partei. Zugleich erlebte das Feuilleton des Berliner Tageblattes mit Edelfedern wie Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Joseph Roth seine Blütezeit. Doch das Ende zeichnete sich ab: Der Verlag Rudolf Mosse musste Insolvenz anmelden und wurde 1932 verkauft. Zugleich verschärfte sich die politische Lage. Vehement versuchte Wolff die Deutschen wachzurütteln, doch die Nationalsozialist*innen wurden immer stärker. Er selbst erhielt Todesdrohungen von Rechtsextremen.
Flucht aus Deutschland
Wenige Wochen nach Hitlers Machtübernahme flüchtete Theodor Wolff aus Deutschland. Nach einer Zwischenstation in der Schweiz ließ er sich mit seiner Familie in Nizza nieder. Seines Postens beraubt, wurde er zum Schriftsteller, reflektierte historische Themen und erstmals die eigene jüdische Herkunft. Im Mai 1943 wurde er verhaftet, in verschiedene Lager verschleppt und schließlich nach Berlin gebracht. Dort starb er, durch Internierung und Transport geschwächt, am 23. September 1943 im Jüdischen Krankenhaus. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee begraben.
Eine Ausstellung der Stiftung Jüdisches Museum Berlin und des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, nach einer Idee von Helga Lieser (Initiative Berliner Zeitungsviertel e.V.) und mit freundlicher Unterstützung von Herrn Univ.-Prof. Dr. Bernd Sösemann (Freie Universität Berlin).
Informationen zur Ausstellung im Überblick
- 2. Sep 2009 bis 31. Jan 2010
Lindenstraße 9-14, 10969 Berlin
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Libeskind-Bau UG