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Handgefertigtes blau-weiß-rotes Krätzchen (Gesellschaftsmütze bzw. Narrenkappe) des jüdischen Karnevalsvereins Köllsche Kippa Köpp e.V.

Gegen­wart sammeln

Krätzchen (Gesellschafts­mütze Kölsche Kippa Köpp e.V.), Schenkung von Aaron Knappstein, 2019

Jüdische Geschichte und Kultur bis in die Gegenwart zu dokumentieren und zu bewahren, gehört zu unserem Sammlungs­auftrag. Und dies über die Grenzen Berlins hinaus deutschlandweit. Zeitgenössisches Sammeln bietet den Vorteil, dass wir die mit Objekten verbundenen Geschichten und Narrative festhalten können. Zeitgleich ist es nicht immer leicht zu beurteilen, welche zukünftige Relevanz Objekte entfalten. Kommen eine interessante Objektgeschichte, visuelle Qualität sowie historische und thematische Bezüge zusammen, gehen wir aktiv auf mögliche Stifter*innen zu.

Eine rot-weiß-blaue Narrenkappe

2019 entdeckten wir eine rot-weiß-blaue Narren­kappe aus Köln, ein sogenanntes Krätzchen. Wir kontaktierten den Verein, die Karnevals­gesellschaft Kölsche Kippa Köpp e. V. Daraufhin übergab uns ihr Vorsitzender Aaron Knappstein seine eigene Narren­kappe als Schenkung:

„Genauso wichtig wie die Erinnerung an die Schoa ist die Darstellung des jüdischen Lebens in Deutschland. Und was könnte besser das jüdische Leben und die Lust an jüdischem Leben darstellen wie unser Krätzchen?“

Lokal und jüdisch – eine Narrenkappe in den Farben Kölns und Israels

Seit 2017 gibt es wieder einen jüdischen Karnevals­verein in Köln. Heute engagieren sich rund sechzig Karnevalist*innen bei den Kölschen Kippa Köpp: Kölner*innen, Zugezogene, Männer und Frauen, jüdische und nichtjüdische Mitglieder aus verschiedenen Generationen. Das Krätzchen ist ihr Erkennungsmerkmal. 2018 hat das Gründungsmitglied Dieter Beumling die Kopfbedeckung entworfen. Seither fertigt sie der Kölner Schneider Thomas Wien-Pegelow.

Vorne am Krätzchen, unter einer Kordel, prangt ein silberner Anstecker mit dem Logo des Vereins: in der Mitte drei große ineinander über­gehenden Ks, darunter das Wappen der Stadt Köln sowie das Wappen des ehemaligen jüdischen Karnevals­vereins Kleiner Kölner Klub. Die drei Ks und das Wappen umläuft der Schriftzug „Kölsche Kippa Köpp e.V. vun 2017“ und „Kölsche Kippa Köpp“ – in hebräischen Buch­staben.

Während das Logo jederzeit gut erkennbar ist, entscheiden die Träger*innen, ob sie diese jüdischen Symbole sichtbar machen möchten.

Auf der linken Seite ist ein schmaler roter Rand sichtbar. Klappt man die Kappe seitlich hoch, kommen ein Davidstern, eine Menora und die Tefilat ha-derech zum Vorschein – das Gebet für den Weg. Jecken sind schließlich viel auf den Beinen. Während das Logo jederzeit gut erkennbar ist, entscheiden die Träger*innen, ob sie diese jüdischen Symbole sichtbar machen möchten.

Integration, Ausgrenzung und jüdische Sichtbarkeit

KKK – mit dieser Abkürzung verweisen die Kölschen Kippa Köpp bewusst auf den Kleinen Kölner Klub, der in der Zeit der Weimarer Republik zunächst als Kegelverein gegründet, bald aber als etablierter jüdischer Karnevals­verein aktiv war. Der Kleine Kölner Klub war zwar der erste jüdische Karnevals­verein in Köln, aber auch zahlreiche andere Karnevals­vereine hatten jüdische Mitglieder. Bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert sind jüdische Mitgliedschaften bekannt. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialist*innen wurden Jüdinnen*Juden aus dieser lokalen Tradition ausgegrenzt. Den Gründern des Kleinen Kölner Klubs gelang die Emigration nach Palästina und die USA. Viele Mitglieder wurden deportiert und ermordet.

„Es gibt keinen ‚jüdischen Karneval‘, nur Jüdinnen und Juden, die Karneval feiern.“ (Aaron Knappstein)

Auch wenn die Kölschen Kippa Köpp an die Tradition des Kleinen Kölner Klubs anschließen, ausdrücklich jüdische Themen ansprechen und den Karneval auch in die jüdische Gemeinde tragen, stehen lokale Traditionen und jüdisches Selbstverständnis nicht im Widerspruch. Aaron Knappstein:

„Die Kölsche Kippa Köpp (KKK) sind Teil der Kölner Karnevals­familie und wir feiern den Karneval in dieser Stadt wie jede andere Karnevals­gesellschaft. Es gibt keinen ‚jüdischen Karneval‘, nur Jüdinnen und Juden, die Karneval feiern.“

Bevor uns der Stifter sein Krätzchen für die Sammlung überließ, trug er es übrigens noch ein letztes Mal, um in Yael Reuvenys Videoinstallation Mesubin mitzuwirken. Damit ist der Karnevalist nun in unserer Dauer­ausstellung zu sehen – und reiht sich ein in den vielstimmigen Chor jüdischer Stimmen in Deutschland heute.

Tamar Lewinsky, Sammlungskuratorin

Zitierempfehlung:

Tamar Lewinsky (2021), Gegen­wart sammeln. Krätzchen (Gesellschafts­mütze Kölsche Kippa Köpp e.V.), Schenkung von Aaron Knappstein, 2019.
URL: www.jmberlin.de/node/8203

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