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Porträt von Rabin Yaghoubi, der einen Tallit, Tefillin sowie eine Kippa trägt.

Eine persische Bar Mizwa in Hamburg

Filmaufnahmen der Bar Mizwa von Rabin Yaghoubi, 1984, Schenkung von Rabin Yaghoubi, 2018

Im Herbst 1984 luden Rita und Abdi Yaghoubi zur Bar Mizwa ihres Sohnes Rabin in Hamburg ein. Als Schenkung übergab Rabin Yaghoubi uns 2018 verschiedene Objekte, die von diesem wichtigen Ereignis in seinem Leben erzählen: eine Videoaufzeichnung, einen gravierten Kiddusch-Becher, eine Einladungskarte und eine Porträtfotografie.

Der erste Teil des Amateur­videos zeigt Rabin Yaghoubi, wie er Tefillin legt und seine Parascha, den Wochen­abschnitt, vorliest. Die Aufnahme wurde nicht am Tag der Bar Mizwa gemacht, sondern am Donnerstag davor im kleinen Gebetssaal der Hamburger Synagoge. Denn eine Bar Mizwa findet am Schabbat statt und an diesem Tag darf nicht gefilmt werden. Die Aufnahme hat eine Gesamt­laufzeit von fast zwei Stunden und dokumentiert im zweiten Teil eine rauschende Feier. Familien­mitglieder aus Hamburg, London, Mailand und New York richten sich mit persönlichen Worten an den Bar Mizwa-Jungen – auf Farsi. Eine persische Bar Mizwa? Das war in Hamburg gar nicht so selten.

Eine einzigartige Gemeinschaft

Familie Yaghoubi gehörte einer in Deutschland einzigartigen jüdischen Einwanderer­gruppe an: Bereits in den 1950er Jahren zog es erste Jüdinnen und Juden aus dem Iran in die Hafenstadt. Zwei Jahrzehnte später war die persisch-jüdische Gemein­schaft dort auf fast drei­hundert Personen angewachsen. Damit stellten sie ungefähr einen Viertel der Gemeinde­mitglieder – junge Familien in einer Gemeinde von mehrheitlich deutschen und ost­europäischen Überlebenden und Remigrant*innen.

Wie viele andere der persischen Juden, die nur wenige Jahre nach dem Holocaust im Hamburger Freihafen ihre Geschäfte aufbauten, importierte auch Abdi Yaghoubi erfolgreich Perser­teppiche. In den späten 1990er Jahren wanderten die Yaghoubis in die USA aus. Die in Hamburg geborenen und erwachsenen Kinder gingen bereits zuvor zum Studium ins Ausland. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Großteil der persischen Jüdinnen und Juden Hamburg verlassen. Vor allem in den persisch-jüdischen Diaspora­gemeinschaften in Israel und den USA fanden sie ein neues Zuhause.

Zeitkolorit und Vergänglichkeit

Mit dieser Schenkung wurde unsere Sammlung um Objekte ergänzt, die eine weitgehend unbekannte Facette jüdischen Lebens nach 1945 sichtbar machen. Sie erlauben einen Blick sowohl auf lokale Geschichte und Tradition als auch auf Migration und transnationale Netzwerke. Durch den Familienfilm lassen sich viele dieser Aspekte analysieren.

Als Medium für die kultur­historische Dokumentation entfalten Amateur­filme einen großen Reichtum. Nicht zuletzt halten sie filmisch das flüchtige immaterielle Kulturgut fest. Das audiovisuelle Erbe aus dem privaten Kontext zu sammeln, zu bewahren, zu erforschen und zugänglich zu machen, ist deshalb eine wichtige Aufgabe unseres Hauses für die Zukunft.

Tamar Lewinsky, Sammlungskuratorin

Zitierempfehlung:

Tamar Lewinsky (2021), Eine persische Bar Mizwa in Hamburg. Filmaufnahmen der Bar Mizwa von Rabin Yaghoubi, 1984, Schenkung von Rabin Yaghoubi, 2018.
URL: www.jmberlin.de/node/8339

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