Martin Riesenburger: Gefängnisseelsorger im Kalten Krieg
Blick ins Depot
Mit diesem Dokument wird Martin Riesenburger (1896–1965) im Februar 1953 bescheinigt, dass er als Rabbiner angestellt und für die Seelsorge in den Gefängnissen zuständig ist. Es ist als „Dienstausweis!“ bezeichnet und ausgestellt auf dem Briefpapier der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Der Ausweis hat eher provisorischen Charakter: Kein Vordruck und kein stabiles Papier wurden dafür verwendet; das Passfoto ist nur mit Heftklammern befestigt. Und warum „Seelsorge in den Gefängnissen“?
Berlin in Zeiten des Ost-West-Konflikts
Anfang 1953 hatte sich die Jüdische Gemeinde Berlins infolge der Verschärfung des Ost-West-Konflikts gespalten. Die Jüdinnen*Juden Ostdeutschlands waren Repressalien ausgesetzt: Man warf ihnen vor, sich illoyal gegenüber der DDR zu verhalten. Mehrere hundert Jüdinnen*Juden flohen aus Ostberlin. Die Ostberliner Gemeinde wurde observiert und einzelne Gemeindemitglieder wurden festgenommen. Möglicherweise war Rabbiner Riesenburger für diese Inhaftierten zuständig und erhielt deshalb die Erlaubnis, sie in den Gefängnissen zu besuchen.
Rabbiner in Ostberlin
Riesenburger hatte die Zeit der NS-Herrschaft dank seiner Frau überlebt: Lucie Klara Riesenburger war in den 1920er Jahren zum Judentum übergetreten und galt daher nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen als Nicht-Jüdin. Nach der Befreiung leitete er im Mai 1945 den ersten jüdischen Gottesdienst in Berlin. 1961 ernannte die Regierung in Ostberlin Martin Riesenburger offiziell zum Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinden in der DDR. Vier Jahre später starb Martin Riesenburger in Berlin.
Titel | Dienstausweis der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für Martin Riesenburger |
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Sammlungsgebiet | Archiv |
Ort und Datierung | Berlin 16. Februar 1953 |
Material | Papier, Tinte, Fotografie, Heftklammern |
Maße | 14,9 x 21 cm |
Erwerb | Schenkung von Peter Schulz |
Ausgewählte Dokumente und Objekte: Archiv (10)