Herta Müller und Barrie Kosky erhalten den Preis für Verständigung und Toleranz
Pressemitteilung von Sa, 12. Nov 2022
Heute verleiht das Jüdische Museum Berlin zum 21. Mal den Preis für Verständigung und Toleranz. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Herta Müller und an den Theater- und Opernregisseur Barrie Kosky. Die Laudatio für Herta Müller hält der Schriftsteller und Übersetzer Ernest Wichner, die für Barrie Kosky die Musikkritikerin Julia Spinola. Hetty Berg, Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, wird die Preise überreichen.
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Das Jüdische Museum Berlin zeichnet mit dem Preis für Verständigung und Toleranz seit 2002 Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft aus, die sich auf herausragende Weise um die Förderung der Menschenwürde, der Völkerverständigung, der Integration von Minderheiten und des Zusammenlebens unterschiedlicher Religionen und Kulturen verdient gemacht haben. Der Preis wird traditionell im Rahmen eines festlichen Dinners gemeinsam vom Jüdischen Museum Berlin und den Freunden des Jüdischen Museums Berlin verliehen. Im vergangenen Jahr hatten Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und der Architekt Daniel Libeskind den Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin erhalten.
In der Begründung für die Preisverleihung an Herta Müller heißt es: „In ihrer schriftstelle
rischen Arbeit setzt sie sich intensiv damit auseinander, welche Gewalt Diktaturen kontinuierlich ausüben, indem sie Frei
heiten ein
schränken oder nehmen, die Würde von Menschen verletzen und sie trauma
tisieren. Darüber hinaus kritisiert sie deutlich die Macht
verhältnisse innerhalb von Familien und ethnischen Gruppen.“
Die Jury konstatiert weiter: „Den Konzepten ‚Verständigung‘ und ‚Toleranz‘ kommt in einer Demokratie eine immense Bedeu
tung zu: Es geht um Vielfalt als Grundwert, um Aner
kennung und Respekt, um gegen
seitiges Verstehen und das Aus
halten anderer Über
zeugungen, um das Mitei
nander-Sprechen und das Mitei
nander-Leben. Was Herta Müller auszeichnet, ist eine klare Haltung zu diesen Werten, ihre Auf
fassung, dass die Begriffe stets und aus
schließlich im jeweiligen konkreten Kontext betrachtet werden müssten, in dem sie sich zu bewähren haben. Sie misst das Gewicht von Wort und Tat sehr genau.“
Barrie Kosky, der 2012 bis 2022 das Amt als Intendant der Komischen Oper Berlin innehatte, erhält den Preis, weil er zehn Jahre lang jüdische Kultur wieder auf die Bühne brachte: „Barrie Kosky hat vergessene Operetten jüdischer Kompo
nisten und Librettisten, die in der Weimarer Republik populär waren und das kulturelle Leben in Berlin vor 1933 prägten, wieder auf die Spiel
pläne gesetzt, darunter Paul Abrahams
Ball im Savoy
, Oscar Straussʼ
Die Perlen der Cleopatra
und Jaromir Weinbergers
Frühlingsstürme
. An den Auf
führungen waren damals auch jüdische Choreo
graph*innen und jüdische Sänger*innen beteiligt.“
Die Jury unterstreicht: „Barrie Kosky ist eine heraus
ragende Künstler
persönlichkeit und steht mit seiner Arbeit wie als Person für deutsch-jüdische Gegenwarts
kultur und für deutsch-jüdisches Leben in Berlin, auch wenn er in den Interviews, die sein Juden
tum thematisieren, stets betont, dass er nur für sich spricht. Er eröffnete dem Publikum den Zugang zu einem weit
gehend vergessenen Bereich jüdischer Kultur.“