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Leonard Freed

Fotograf

Eigentlich wollte Leonard Freed (1929–2006) Maler werden, nach einem Grafik­design-Stu­di­um ent­schei­det er sich aber für die Foto­grafie. Ge­boren und auf­ge­wachsen in Brooklyn, New York, führen ihn viele Reisen an unter­schied­lichste Orte auf der gan­zen Welt. Enge Be­gleiterin ist dabei immer seine Kamera, die ihm hilft, das Er­lebte zu ver­ar­beiten, ähn­lich wie ein Tage­buch. 

„Anstatt mich auf die Couch eines Analy­tikers zu legen, foto­grafiere ich.“ (Leonard Freed)

Seit den späten 1950er Jahren ist er als freier Foto­graf tätig. Meist ar­beitet er an Lang­zeit­studien, Themen, die ihn jahre­lang be­schäfti­gen und zu um­fang­reichen Serien führen. Ab 1967 werden seine Foto­grafien in der von Cornell Capa organi­sierten Aus­stellung The Concerned Photo­grapher (Der be­sorgte Foto­graf) ge­zeigt. 1972 wird er Voll­mit­glied der re­nom­mierten Agentur Magnum. Seine Foto­grafien werden in vielen inter­na­tio­nalen Zeit­schrif­ten und Zei­tun­gen ver­öffent­licht. Darüber hinaus reali­siert er zahl­reiche Buch­projekte und ver­ant­wortet dabei nicht nur die Foto­grafien, sondern oft auch das Design und die meist langen Bild­unter­schrif­ten. Heute sind seine Werke in großen Samm­lun­gen welt­weit ver­treten.

„Was man auf den Bildern sieht, ist das, was ich zeigen wollte.“ (Leonard Freed)

Foto­grafie ist für Freed eine uni­ver­selle Sprache, die hilft, die Welt besser zu ver­stehen. Er be­schäf­tigt sich mit unter­schied­lichsten, meist sozial­kri­ti­schen Themen wie Krieg, Rassis­mus, Reli­gion, Alter, Ob­dach­losig­keit oder Krimi­nali­tät. Hat er ein Thema ge­funden, arbeitet er inten­siv daran und er­forscht in seinen Auf­nahmen ver­schiedene Per­spek­tiven darauf. Es sind sub­jektive Bilder, er gibt wieder, was ihm wichtig ist, un­in­sze­niert, all­täg­lich, sensi­bel und immer nah an den Men­schen, die vor seiner Kamera sind.

Auch seine eigene Iden­ti­tät ver­sucht er, mit seiner Kamera zu er­grün­den. Als Kind jüdischer Ein­wanderer aus Ost­europa nimmt er Jüdin­nen und Juden in den Blick. Er nennt später prä­gende Momente, die ihn ver­an­lassen, sich immer wieder mit jüdi­schen Themen aus­einander­zusetzen. So liegt sein Vater eines Tages, als er aus der Schule in Brooklyn nach Hause kommt, völlig auf­gelöst auf dem Küchen­fuß­boden. In seiner Hand hält er einen Brief, der die Er­mordung vieler Familien­an­ge­höriger während der Schoa be­stätigt. Oder er trifft bei einer Fahrt in der Metro von New York auf drei ortho­doxe Juden, die ihn an seine eigene Kind­heit und jüdische Bräuche und Feste erinnern.

1954 foto­grafiert Freed ortho­doxe Juden in Williams­burg. Ab 1958 nimmt er die jüdi­sche Gemein­schaft in Amster­dam mit seiner Kamera in den Blick und ab 1961 hält er jüdi­sches Leben in West­deutsch­land fest. Er foto­grafiert aber auch immer wie­der in Israel. Aus der Serie ent­stehen mehrere Buch­pro­jekte: So er­scheint 1958 sein erstes Buch über Jüdinnen und Juden in Amster­dam. 1965 folgt Deutsche Juden heute. 1984 publi­ziert er in Frank­reich La danse des fidèles (Der Tanz der Gläubigen) mit Motiven zu jüdi­schen Themen aus aller Welt über einen Zeit­raum von 25 Jahren.

Schwarzweiß-Fotografie eines Mannes (Leonard Freed), der in die Kamera blickt und lächelt. Zu sehen ist sein Oberkörper, er trägt Jacke und Brille sowie eine Kamera um den Hals. Er steht im Freien, die Landschaft im Hintergrund ist unscharf.

Selbstporträt von Leonard Freed (1929–2006), Amsterdam, ca. 1962; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr.: 2006/229/1, Schenkung von Brigitte Freed. Weitere Infor­mationen zu diesem Foto finden Sie in unseren Online-Sammlungen

„Der Bedarf meine Beziehung zum Juden­tum zu ver­stehen und zu analy­sieren und andere Fragen, die mich rat­los machen, führten mich zur Foto­grafie.“ (Leonard Freed)

Auch in Deutsch­land foto­grafiert Leonard Freed immer wieder. Sein Blick auf das Land und die Deutschen hält er in dem Buch Made in Germany fest, das 1970 er­scheint.

Alle 52 Motive der Serie Deutsche Juden heute sind Teil der Samm­lung des Jüdi­schen Museums Berlin und konnten durch zwei An­käufe 2006 und 2008 er­wor­ben werden. Der Be­stand ist einzig­artig, da Freed zu den wenigen Foto­grafen gehört, die bereits in den 1960er Jahren jüdi­sches Leben in Deutsch­land aus­führ­lich foto­grafiert haben. Einzelne Motive von Leonard Freed wurden bereits in mehreren Aus­stellungen im JMB gezeigt, von Novem­ber 2024 bis April 2025 widmet das Museum ihm eine Einzel­aus­stel­lung und zeigt erst­malig die ge­samte Serie. 

„Je zwei­deutiger eine Foto­grafie ist, desto besser ist sie. Sonst wäre sie Pro­pa­ganda.“ (Leonard Freed)

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