Zwi Sofer
Sammler
Der Judaist, Kantor und Folkloreforscher Zwi Sofer, auch Gersch Sofer (Jiddisch) oder Grischa Sofer (Russisch) genannt, kam am 28. Januar 1911 in der heutigen Ukraine, damals Gouvernement Podolien, auf die Welt. Er entstammte einem orthodox jüdischen Elternhaus und bescheidenen Verhältnissen.
Nach Abschluss der gymnasialen Reifeprüfung ging er mit der vierten zionistischen Einwanderungswelle (vierte Alija 1924–1939) für sechs Jahre nach Palästina, wo er in Ziegeleien und verschiedenen Werkstätten tätig war und zudem als Solo-Musiker Konzerte gab und mehrere Jugend- und Schulorchester leitete.
1935 verließ Zwi Sofer Palästina und übersiedelte nach Wien. Dort studierte er ab 1936 am Wiener Pädagogischen Institut, dem Konservatorium und der Universität Kunstgeschichte, Erziehungswissenschaften, Musikwissenschaften und praktische Musik in der Violoncello- und Dirigentenklasse.
Nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im Jahr 1938 emigrierte Sofer zurück nach Palästina, genauer Haifa, wo er als Kunsterzieher für Gesang und Zeichnen an einer Schule, als Herausgeber musikpädagogischer Schriften und Inhaber eines Musikladens tätig war.
Für ein Promotionsstudium verlegte er 1959 seinen Wohnsitz nach Kiel und zwei Semester später nach Göttingen, wo er das Studium 1965 mit dem Doktortitel abschloss. 1966 bekam er eine feste Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Rengstorff am Institutum Judaicum Delitzschianum (IJD) in Münster. Dort stellte er mit seinen beliebten Lehrveranstaltungen, seinem Engagement für den Wiederaufbau jüdischer Gemeinden sowie für den jüdisch-christlichen Dialog eine Ausnahmeerscheinung dar.
Als er am 25. Januar 1980 unerwartet starb, hinterließ er eine große Sammlung von mehr als 300 jüdischen Zeremonialobjekten, aber auch Gemälden, Zeichnungen und Alltagsgegenständen. 1981 wurde diese Sammlung für die Jüdische Abteilung des Berlin Museums erworben. Heute befindet sie sich im Jüdischen Museum Berlin.