Samstag,
21. Oktober 1933
Widerruf der Einbürgerung von Adalbert Rentschner
»… falls die Einbürgerung nicht als erwünscht anzusehen ist«, könne dieselbe »widerrufen werden«. Mit diesem Wortlaut legitimierte die Reichsregierung in ihrem am 14. Juli 1933 beschlossenen Gesetz »den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit«. Die Nationalsozialisten erfüllten damit ein zentrales Versprechen, das sie bereits im Parteiprogramm von 1920 gegeben hatten.
Das Gesetz richtete sich insbesondere gegen die ihnen in besonderem Maße verhassten Juden, die aus osteuropäischen Ländern in das Deutsche Reich eingewandert waren. In der Durchführungsverordnung konkretisierte der Reichsminister des Innern die rassistische und antisemitische Stoßrichtung des Gesetzestextes. Dort hieß es: »Die Beurteilung, ob eine Einbürgerung als nicht erwünscht anzusehen ist, beurteilt sich nach völkisch-nationalen (und rassischen) Grundsätzen.« Als Personengruppe, die für den Widerruf der Einbürgerung »insbesondere« in Betracht komme, wurden explizit die »Ostjuden« genannt.
Auf Grundlage dieses Gesetzes verfügte der Berliner Polizeipräsident, dass Adalbert Rentschner – 1883 in Czernowitz in der Bukowina geboren und seit fast 30 Jahren in Berlin wohnhaft – seine am 1. März 1924 verliehene preußische Staatsangehörigkeit verlor und damit auch kein Deutscher mehr war. Die Verfügung erstreckte sich ebenfalls auf seine – ursprünglich aus Lemberg stammende – Ehefrau Frania (1892–1942) und auf seinen 1922 in Berlin geborenen Sohn Heinz Leopold. Da das deutsche Staatsbürgerrecht von 1913 auf dem »ius sanguinis« (Blutrecht) basierte, war die Staatsangehörigkeit des Elfjährigen von der seiner Eltern abhängig.
Adalbert Rentschner hatte keine Möglichkeit, gegen die Verfügung Einspruch einzulegen oder juristisch vorzugehen. Die Familie Rentschner galt nunmehr als »staatenlos« und unterstand dem Ausländergesetz.
Jörg Waßmer