Samstag,
2. Dezember 1933
Mitgliedsausweis des Kulturbunds Deutscher Juden für Fritz Ritter
Als Mitglied »Nr. 181« zählte Fritz Ritter zu den ersten, die dem im Juli 1933 gegründeten Kulturbund Deutscher Juden beitraten. Bis Mitte Dezember des Jahres wuchs die Mitgliederzahl auf 18.491 an, was nicht nur die außerordentliche Beliebtheit des Berliner Bunds beim jüdischen Publikum unterstreicht, sondern auch die Solidarität der deutschen Juden in Zeiten ihrer zunehmenden gesellschaftlichen Bedrängnis widerspiegelt.
Der in Wien geborene Fritz Ritter war nach seinem Militärdienst im Ersten Weltkrieg Schauspieler geworden. In den »Goldenen Zwanzigern« stand er vor allem in München und in Berlin auf der Bühne und wirkte beispielsweise bei der Uraufführung von Brechts »Dreigroschenoper« als einer der Bettler mit.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten war es mit Ritters Engagements vorbei: Aufgrund des »Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom April 1933, durfte er an keinen städtischen Bühnen mehr auftreten. Als »Nichtarier« war Ritter auch die Aufnahme in die Reichstheaterkammer verwehrt, was einem Berufsverbot gleichkam.
Durch die Gründung des Kulturbunds eröffneten sich neue Möglichkeiten. Der Verein finanzierte seine Arbeit durch Mitgliedsbeiträge: Für monatlich 2,50 Reichsmark erhielten die Mitglieder eine Art Abo, das sie zum Besuch von drei Veranstaltungen berechtigte. Fritz Ritter musste als an der Programmgestaltung Beteiligter keine Beiträge zahlen: Als »Mitglied des Hauses« war er »von der Zahlung befreit«, wie es in seinem Ausweis heißt. Dies mag auch der Grund dafür sein, dass das Dokument etwas nachlässig ausgefüllt ist (sogar die eigenhändige Unterschrift fehlt). Ritter war bekannt und musste sich nur pro forma ausweisen. Im Dezember 1933 stand er in Shakespeares »Othello» auf der Bühne des Kulturbunds im Berliner Theater in der Charlottenstraße. Nach »Nathan der Weise« und der »Hochzeit des Figaro« war es die dritte größere Produktion des Vereins.
Eine stolze Bilanz war es, die der Kulturbund am Ende des ersten Jahres ziehen konnte: Insgesamt hatte er 538 Veranstaltungen angeboten, darunter 201 Schauspielabende, 69 Opernvorstellungen, 117 Konzerte und 127 Vorträge. Ritter trat in den folgenden Jahren nicht nur beim Berliner Kulturbund auf, sondern auch in anderen Städten; 1935 gab es bereits 36 lokale oder regionale Kulturbünde, die in einem Dachverband zusammengeschlossen waren.
Jörg Waßmer