![Fünf gestaltete Cover des Magazins Het Onderwater Cabaret mit Collagen.](/sites/default/files/styles/media_w1920/public/media/images/owc-feature-5-cover_keyvisual.png?itok=cAPsR908)
Titelblätter des Untergrundmagazins Het Onderwater-Cabaret
Het Onderwater-Cabaret
Curt Blochs satirisches Untergrundmagazin und ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit“
Über mehr als 19 Monate, zwischen August 1943 und April 1945, schuf Curt Bloch, ein deutscher Jude, der 1942 in den Niederlanden untergetaucht war, ein einzigartiges Werk des kreativen Widerstands: Het Onderwater-Cabaret (Das Unterwasserkabarett). Woche für Woche gab Bloch insgesamt 95 kleine Hefte mit kunstvoll gestalteten Covern heraus. Auf Niederländisch und Deutsch verfasst, behandelte er in 483 Gedichten den Verlauf des Zweiten Weltkriegs, die Situation im Versteck und das Schicksal seiner Familie, die Verbrechen der Nazis und ihrer Kollaborateure. Mit beißender Ironie und sardonischem Witz entlarvte er die nationalsozialistische Propaganda.
Curt Bloch im Versteck in den Niederlanden
Etwa 24.000 Jüdinnen*Juden aus Deutschland flohen in den 1930er-Jahren in die Niederlande, unter ihnen Curt Bloch, dessen juristische Laufbahn in Deutschland durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 beendet wurde und der wegen seiner linken Einstellung bedroht war. Die geografische Nähe, das positive Bild als Land der Glaubensfreiheit sowie die Neutralität während des Ersten Weltkriegs machten die Niederlande als Einwanderungsland attraktiv – zumal es anfangs kaum Beschränkungen für deutsche Staatsangehörige gab. Bevor 1938 die Einreise- und Niederlassungsmöglichkeiten begrenzt wurden, benötigten Neuankömmlinge kein Visum und auch auf dem Arbeitsmarkt gab es Anfang 1933 keine größeren Hindernisse.
Am 10. Mai 1940 marschierten die Deutschen ein und besetzten die Niederlande. Die jüdischen Geflüchteten waren als Erste Verhaftungen, Registrierungen und Zwangsumsiedlungen ausgesetzt. Mit seiner Mutter und der jüngeren Schwester Helene, die ihm 1939 in die Niederlande gefolgt waren, musste Curt Bloch nach Enschede im Osten des Landes umziehen. Am 25. August 1942, etwa sechs Wochen nach Beginn der Deportationen von Jüdinnen*Juden aus dem Durchgangslager Westerbork nach Auschwitz, tauchte er in Enschede unter, Mutter und Schwester in Apeldoorn und später in Leiden. Im August 1943 begann Bloch im Versteck Het Onderwater-Cabaret herausbringen. Der Stift wurde, wie er es selbst beschrieb, zur Waffe.
Wer ist Curt Bloch?
Curt Bloch (1908–1975), deutscher Jurist und Autor des handgefertigten Untergrundmagazins Het Onderwater-Cabaret, Pseudonym Cornelis Breedenbeek, 1933 Flucht in die Niederlande, ab August 1942 dort im Versteck
OWC-Galerie
Drei Ausgaben des Onderwater-Cabaret mit biografischen und historischen Kontextinformationen sowie Rezitationen als Audio- bzw. Videoaufnahme bieten einen lebendigen Einblick in das einzigartige Werk, das Bloch zwischen August 1943 und April 1945 geschaffen hat. Während die Gedichte der zweiten Ausgabe vom 30. August 1943 noch zu einem großen Teil auf Niederländisch verfasst und kaum bebildert sind, finden sich in den Ausgaben vom 3. Juni 1944 und der letzten vom 3. April 1945 zahlreiche deutsche Gedichte, eingeklebte Zeitungsausschnitte, Fotos und andere Abbildungen.
Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943
![Titelblatt des Magazins Het Onderwater Cabaret vom 30. August 1943 mit einer Collage von Meer und dem Kopf eines Mannes, der wie ein Taucher aussieht.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/01_owc_30.08.1943_titelblatt_galleryimage.png?itok=ptvjbfY8)
Für das Titelblatt der zweiten Ausgabe des OWC verwendete Curt Bloch ein Bild des spanischen Piloten und Erfinders Emilio Herrera in dem von ihm erfundenen Druckanzug, Vorläufer des Raumanzuges. Durch Hinzufügung einer Meeresoberfläche verwandelte Bloch den Oberst, den er aus der niederländischen Illustrierten Het Leven (Das Leben) von 1935 ausgeschnitten hatte, in einen Taucher – ein ideales Bildmotiv für sein Unterwasserkabarett.
Titelblatt, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftliches Inhaltsverzeichnis in Schreibschrift.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/02_owc_30.08.1943_inhaltsverzeichnis_galleryimage.png?itok=4NTx-KNq)
Die zweite Nummer des OWC vom 30. August 1943 ist stärker als alle anderen Ausgaben von persönlichen Gefühlen und tiefer Sorge um die Familie geprägt. Sie enthält vier Gedichte zum 20. Geburtstag von Blochs jüngster Schwester Helene, genannt Leni, über die er geschrieben hatte, dass er „immer sehr glücklich [war], dass wir beide so gut miteinander auskamen und so gut miteinander standen“
.
Die 19-jährige Leni, geboren am 30. August 1923, wurde im Mai 1943 zusammen mit ihrer Mutter Paula Bloch in ihrem Versteck in der niederländischen Stadt Leiden verhaftet. Seitdem hatte Curt Bloch nichts mehr von ihr gehört.
Unter „Varia“ – Verschiedenes – führt das Inhaltsverzeichnis vier von Bloch Tijdsgedichten (Zeitgedichte) genannte Texte auf, unter anderem die humoristisch gefärbte De spekballade (Ballade vom Speck).
Inhaltsverzeichnis, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „Hallo Yvonne“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/03_owc_30.08.1943_hallo-yvonne_galleryimage.png?itok=FrWQKyFZ)
Ohne Möglichkeit, mit seiner Mutter und Schwester in Kontakt zu treten, geschweige denn ihnen helfen zu können, spricht Bloch in „Hallo Yvonne!“ der Schwester und zugleich sich selbst Mut und Zuversicht zu. Die wiederholte Anrufung von „Yvonne“, möglicherweise Lenis Deckname im Versteck, wirkt wie ein Appell, durchzuhalten.
„Hallo Yvonne!“, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „VOOR Leni“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/04_owc_30.08.1943_voor-leni_galleryimage.png?itok=SxqCaYSX)
Eindringlich memoriert Bloch in Voor Leni (Für Leni) die gemeinsame Zeit mit seiner 15 Jahre jüngeren Schwester, die wegen des Altersunterschieds oft für seine Tochter gehalten wurde: von der Freude bei Lenis Geburt über die Wechselfälle der Emigration bis zum Zeitpunkt des Untertauchens.
Voor Leni (Für Leni), Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „Nog is Polen niet verloren“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/05_owc_30.08.1943_nog-is-polen-niet-verloren_galleryimage.png?itok=JfZgNr-v)
Nog is Polen niet verloren (Noch ist Polen nicht verloren) – mit dieser Zeile der polnischen Nationalhymne, bekannt geworden durch das gleichnamige Theaterstück, will sich Bloch trotz Kenntnis von „massamoord en massagraf“ (Massenmord und Massengrab) den Hoffnungsschimmer auf ein Wiedersehen mit der Schwester nicht nehmen lassen.
Nog is Polen niet verloren (Noch ist Polen nicht verloren), Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Als Curt Bloch in seinem stillen „Gruß“ das „Schwesterlein“ beschwor, standzuhalten und stark zu bleiben, konnte er nicht wissen, dass sie nicht mehr am Leben war. Zwei Wochen nach ihrer Verhaftung in Leiden wurden Helene und Paula Bloch am 21. Mai 1943 in Sobibor ermordet.
Ein Gruß, Video-Ausschnitt aus dem Bühnenstück Auf dem Flügel meiner Phantasie mit ausgewählten Gedichten aus Het Onderwater-Cabaret, hier vom 30. August 1943, rezitiert von Richard Gonlag; Videostartbild: Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Auf unserer Website können Sie sich auch das gesamte Bühnenstück Auf dem Flügel meiner Phantasie anschauen.
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „Aan een verdwaalde“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/07_owc_30.08.1943_aan-een-verdwaalde_galleryimage.png?itok=rfrexRk7)
Mit dem „Streuner“ im Titel des Gedichts Aan een verdwaalde (An einen Streuner) ist der niederländische Dirigent Willem Mengelberg gemeint, Chefdirigent des berühmten Amsterdamer Concertgebouw-Orchesters. Dass Mengelberg Konzerte für führende Nationalsozialisten gab, verurteilte Bloch im Gedicht als Blasphemie.
Aan een verdwaalde (An einen Streuner), Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlicher Ausschnitt aus Het Onderwater Cabaret mit dem Titel „Greise müssen Socken stricken“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/08_owc_30.08.1943_greise-muessen-stricke-2n_galleryimage.png?itok=E6KWDbsx)
Hintergrund für das satirische Gedicht Greise müssen Socken stricken ist höchstwahrscheinlich Joseph Goebbels’ Aufruf vom Dezember 1941, die deutsche Bevölkerung solle für die unzureichend ausgerüstete Wehrmacht an der russischen Ostfront wärmende Kleidung bereit- bzw. herstellen.
Greise müssen Socken stricken, Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „De Spekballade“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/09_owc_30.08.1943_de-spekballade_galleryimage.png?itok=T-B6aHnF)
Die Komik, mit der Bloch in De spekballade (Die Ballade vom Speck) das Problem der Lebensmittelbeschaffung behandelt, findet sich in späteren Gedichten über das Überleben im Untergrund nicht mehr. Er widmete die Ballade seinem mituntergetauchten Freund Bruno Löwenberg, Deckname Jopie, und den Helfer*innen Ans und Henk – Anna und Hein(z) Hertzmann.
De spekballade (Die Ballade vom Speck), Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „De Galavoorstelling van’t OWC“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/10_owc_30.08.1943_de-galaavoorstelling-vant-owc_galleryimage.png?itok=Va7sR96p)
Bereits in der zweiten Ausgabe imaginierte Bloch eine Gala- bzw. Abschiedsvorstellung des Onderwater-Cabaret mit Winston Churchill, Theodore Roosevelt und Josef Stalin als Ehrengästen. Die Landung der Alliierten auf Sizilien im Juli 1943 ließen ihn hoffen, dass die Befreiung in nicht allzu ferner Zeit bevorsteht.
De Galavoorstelling van’t O.W.C. (Die Galavorstellung des O.W.C.), Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 30. August 1943; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944
![Titelblatt des Magazins Het Onderwater Cabaret vom 03. Juni 1944 mit einer Collage von vier Menschen, deren Rücken man sieht, mit gehobenen Händen und einem Mann in Uniform, der mit einer Waffe hinter ihnen geht.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/01_owc_03.06.1944_titelblatt_galleryimage.png?itok=4mp4NkSE)
Die Fotocollagen auf den Titelblättern des OWC stehen jeweils mit einem Gedicht der Ausgabe in Beziehung. Im Zusammenhang mit dem Gedicht Nazityrannie klebte Bloch hier ein Foto aus den ersten Kriegstagen vom September 1939 auf. Darauf sind bewaffnete deutsche Soldaten zu sehen, die polnische Zivilisten eine Landstraße entlang treiben. Ausgeschnitten und vom konkreten Orts- und Zeitbezug gelöst, wird die Szene zu einem Sinnbild der Gewalt des NS-Regimes.
Titelblatt, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftliches Inhaltsverzeichnis in Schreibschrift.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/02_owc_03.06.1944_inhaltsverzeichnis_galleryimage.png?itok=OBI5c6bU)
Blochs OWC richtete sich nicht nur an seine kleine reale Leserschaft, sondern auch an zukünftige Leser*innen. In dieser 42. Ausgabe sind vier Stücke an deutsche Leser*innen gerichtet, zwei Stücke auf Niederländisch haben niederländische Kollaborateur*innen und Mitläufer*innen zum Gegenstand.
Inhaltsverzeichnis, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Im Gedicht An meine deutschen Leser spricht Curt Bloch die angestrebte zukünftige Leserschaft direkt an. Seine Hoffnung, dass von ihm verfasste Schriften nach Kriegsende in Deutschland zur Aufklärung und Umerziehung verwendet würden, erfüllte sich nicht.
Ausschnitt aus An meine deutschen Leser, Het Onderwater-Cabaret, 3. Jun 1944, und O.W.C. Transpiraties (O.W.C. Transpirationen), Het Onderwater-Cabaret, 27. Januar 1945, rezitiert von Richard Gonlag (deutsche und niederländische Lautsprache) und Mathias Schäfer (deutsche Gebärdensprache); Videostartbild: An meine deutschen Leser, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit eingeklebtem Foto aus Zeitung von einem Mann und Überschrift „De Leider“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/04_owc_03.06.1944_de-leider_galleryimage.png?itok=FldKM_m-)
Anlass für Blochs Auseinandersetzung mit Anton Mussert, dem Vorsitzenden der niederländischen Nationalsozialistischen Bewegung NSB, war ein Zeitungsartikel zu dessen 50. Geburtstag im Mai 1944. Vehement widerspricht Bloch im Gedicht De Leider (Der Führer) der im Artikel geäußerten Behauptung, die Niederlande hätten ohne den sogenannten Führer des niederländischen Volkes keine Zukunft – das Gegenteil werde der Fall sein.
De Leider (Der Führer), Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit Überschrift „Nazityrannie“.](/sites/default/files/styles/large/public/media/images/owc-3-6-1946-nazityrannie-audioimage-akt.jpg?itok=YoB1t5ih)
Aufs heftigste prangert Bloch in Nazityrannie das nationalsozialistische Gewalt- und Schreckensregime an, das jedoch trotz aller Grausamkeiten die Freiheit nicht töten könne.
Nazityrannie, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944, rezitiert von Richard Gonlag; Startbild: Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Audio als Lesetext (deutsch)
Tagtäglich fallen neue Tote,
Fließt immer wieder neues Blut
Der Helden, die eurem Gebote
Noch widerstehn und eurer Wut.
Ihr haltet eine Welt in Schrecken,
Der Schrecken ist’s, der euch erhält
Und eurer Missetaten Flecken,
Die sind die Pfeiler eurer Welt.
Der Menschen Angst ist eure Stütze,
Der Menschen Furcht ist euer Schild,
Ihr macht das Zittern euch zunütze
Vor eurem graus’gen Götzenbild.
Und niemals darf die Furcht erlahmen,
Nein, ständig haltet ihr sie wach,
Ihr schändetet den deutschen Namen,
Ja Deutschland wurde nach und nach
In aller Welt das Land des Bösen,
Der Grausamkeit, der Tyrannie,
Die Welt sah euer deutsches Wesen,
Sie sah es und vergißt es nie.
Ihr habt die Menschen aufgetrieben,
Ihr habt die Menschen aufgescheucht,
Hier, da und dort, hüben und drüben,
Und doch nicht euer Ziel erreicht.
Ihr habt gemartert und erschossen,
Ihr habt gefoltert und gequält,
Ihr habt das Blut der Welt vergossen,
Für’s Hirngespinst, das euch beseelt.
Ein Rattenschwanz von Raub und Morden,
Von Grausamkeit und Barbarei
Ist bei euch Staatsbetrieb geworden,
Die Mörder wurden Polizei.
Wenn Menschen für die Freiheit stritten,
Jagt man sie wie Verbrecher auf
Und dann haben sie ausgelitten,
Denn dann spricht euer Flintenlauf.
Er spricht die neue deutsche Sprache,
Die eurer Nazidespotie,
Und doch entgeht ihr nicht der Rache,
Nein, die erreicht euch irgendwie.
Es ist als ob vom Blut gerötet
Die Erde zu euch Mördern spricht:
Ob ihr die Freiheitskämpfer tötet,
Ihr tötet doch die Freiheit nicht.
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit eingeklebtem Foto aus Zeitung mit Männern in Uniform und Überschrift „De Honden van de NSB“.](/sites/default/files/styles/large/public/media/images/owc-3-6-1944-honden-van-de-nsb-audioimage_0.jpg?itok=Xj67CrJq)
Curt Bloch geißelte die Mitglieder der niederländischen Nationalsozialistischen Bewegung NSB als De honden van de N.S.B. (Die Hunde der NSB), die ihre eigenen Landsleute ausspionieren und an die deutschen Besatzer verraten.
De honden van de N.S.B. (Die Hunde der N.S.B.), Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944, rezitiert von Richard Gonlag, auf Niederländisch; Startbild: Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Deutsche Übersetzung: Die Hunde von der NSB
Die Spürhunde der Besatzer,
Die Hunde von der NSB,
Pangermanisch haargenau,
Ergeben und folgsam dienen sie.
Schau, wie sie spüren, wie sie schnüffeln,
Sie sind voller Hundegeist,
Und kann sich an der Jagd erfreuen
Solch ein NSBer-Hundebiest.
Sie machen jedoch Jagd auf Menschen,
Das macht ihnen offensichtlich Freude
Und ist gemäß der Moffenwünsche,
Ihr Vaterland schert sie keinen Deut.
Man spürt und schnüffelt und gibt Pfoten,
Alle Kunststücke gekonnt umgesetzt,
Und verrät seine Landsgenossen
Mit Spionage und Gebell.
Man macht das eine und macht das andere,
Schreckt nicht zurück vor Schuld und Schande,
Und manch braven Niederländer
Spielt man den Deutschen in die Hand.
So arbeitet man treu für die Besetzer
Und tut, als ob man selbst der Boss ist,
Und ist ein Hund nur an der Kette,
Und das weiß Piet und das weiß Klaas.
Aber deshalb sind sie doch gefährlich
Und ängstlich schaut man nach ihnen aus,
Die meisten Menschen zittern wahrlich
Zurzeit vor einer NSBer-Schnauze.
An die Besatzer ist gebunden
Ihr Schicksal und ihr Wohl und Weh,
Das sind die Moffen-Kettenhunde,
Die Hunde von der NSB.
P.S. Les ich erneut, was ich geschrieben habe,
Bitte ich meinen Hund um Entschuldigung,
Denn dieser ist tausendmal erhaben
Über solch einen NSBer-Hund.
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit eingeklebtem, aus einer Zeitung ausgeschnittenen Porträt von Joseph Goebbels und der Überschrift „Wir fahren“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/07_owc_03.06.1944_wenn-wir-fahren_galleryimage.png?itok=2xl2ZnXw)
Bloch berichtete, dass er bei der Beschäftigung mit Tagespolitik notgedrungen ständig mit der deutschen Propaganda in Konflikt gerate und das OWC daher „ganz auto
matisch beinahe eine einzige Polemik“
gegen den deutschen Propagandaminister Joseph Goebbels sei. „Wenn wir fahren…“ ist eins der vielen „Anti-Joseph-Gedichte“, in denen Bloch Goebbels’ Lügen und Phrasen entlarvte.
„Wenn wir fahren…“, Ausschnitt, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit eingeklebtem Text aus einer Zeitung und der Überschrift „Pfingsten 1944“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/08_owc_03.06.1944_pfingsten-1944_galleryimage.png?itok=VHqMpIMd)
Angeregt durch einen Zeitungsartikel im Twentsch Nieuwsblad (Twenter Nachrichtenblatt), Curt Blochs wichtigste Quelle, mokierte er sich im Gedicht Pfingsten 1944 über den deutschen Wunsch nach einer Feiertagsruhe im alliierten Bombenkrieg. Ganz im Gegenteil stellt Bloch den Deutschen in Aussicht, dass das „unheil
schwangere[…] Brummen“
der alliierten Flugzeuge über Deutschland bis zur Niederlage nicht mehr aufhören werde.
Pfingsten 1944, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Orange Rückseite eines Het Onderwater Cabaret-Heftes mit einem Foto eines Mannes in Uniform mit einem Schäferhund und dem Schriftzug „De Honden Van De NSB“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/09_owc_03.06.1944_ruecktitel_galleryimage.png?itok=A4a9HWkw)
Nur sehr selten hat Bloch auch die Rückseiten des OWC mit Abbildungen gestaltet. Zum Gedicht De honden van de N.S.B. klebte Curt Bloch hier das Foto eines niederländischen Freiwilligen mit Hund auf – Illustration eines Aufrufs im Twentsch Nieuwsblad, sich für den Kampf gegen den Bolschewismus zu melden.
Rücktitel, Het Onderwater-Cabaret vom 3. Juni 1944; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Het Onderwater-Cabaret vom 3. April 1945
![Titelblatt des Magazins Het Onderwater Cabaret vom 3. April 1945 mit einer rot-blauen Collage von einem Mann, der aus einer Luke rauskommt und diese aufhält, damit ein weiterer Mann herausrauskommen kann.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/01_owc_03.04.1945_titelblatt_galleryimage.png?itok=Ggqo6WQI)
Am 3. April 1945 befreiten britische Truppen die Kleinstadt Borne in der Nähe von Enschede, wo sich Curt Bloch seit Dezember 1944 versteckt gehalten hatte. Nach über 19 Monaten konnte er endlich aus seinem Versteck heraus ins Freie, wie er es auf dem Umschlag bildlich anhand der beiden Männer darstellt, die aus dem Untergrund ans Tageslicht kommen. Die 95. und letzte Ausgabe des OWC datierte Bloch mit dem Tag seiner Befreiung und gab ihr den Titel Bovenwater Finale van het OWC, Überwasser-Finale des OWC.
Titelblatt, Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftliches Inhaltsverzeichnis in Schreibschrift.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/02_owc_03.04.1945_inhaltsverzeichnis_galleryimage.png?itok=Ua_qNKuf)
Die Gedichte für die letzte Ausgabe, hier auch Bevrijdingsnummer (Befreiungsnummer) genannt, hatte Curt Bloch, der das Kriegsende und die Befreiung seit langem erwartet und herbeigesehnt hatte, höchstwahrscheinlich schon Wochen oder gar Monate im Voraus verfasst. Mit passenden Abbildungen zu fast allen Gedichten hebt sich das Bovenwater-Finale in der Qualität der Ausstattung von den übrigen Ausgaben ab.
Inhaltsverzeichnis, Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftliche Seite in Druckbuchstaben mit einem eingeklebten Foto mit Vogelkäfigen und dem Titel „Bevrjd“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/03_owc_03.04.1945_bevrijd_galleryimage.png?itok=cpF53cmG)
Offenbar inspiriert durch die eingeklebte Abbildung von Vogelkäfigen zog Bloch im Gedicht Bevrijd! (Befreit!) Parallelen zwischen einem Kanarienvogel im Käfig und seiner Situation im Versteck.
Ab Ende Januar 1945 schrieb Bloch in Großbuchstaben. Möglicherweise wollte er auf diese Weise die Lesbarkeit des OWC für sein Publikum am neuen Zufluchtsort in Borne, wohin er im Dezember 1944 von Enschede gewechselt war, verbessern.
Bevrijd! (Befreit!), Ausschnitt, Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite mit eingeklebtem Foto aus einer Zeitung und der Überschrift „To the Allied Forces“.](/sites/default/files/styles/large/public/media/images/04_owc_03.04.1945_to-the-allied-forces_startbild-audio.png?itok=kEsfiG42)
To the Allied Forces ( An die alliierten Streitkräfte), das einzige englische Gedicht im gesamten OWC, ist mit einer Abbildung aus der niederländischen Untergrundzeitung Ons Volk (Unser Volk) illustriert. Aufgenommen beim Besuch einer Waffenfabrik in England, wird General Bernard Law Montgomery, Befehlshaber der britischen Invasionstruppen, im Kontext von Blochs Gedicht zum umjubelten Befreier. Zugleich verweist das Gedicht auf die lange Wartezeit und dass für viele die Befreiung zu spät gekommen sei.
To the Allied Forces (An die alliierten Streitkräfte), Het OWC vom 3. April 1945, rezitiert von Richard Gonlag; Startbild: Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Audio als Lesetext (englisch)
Almost five years we had to wait,
For many men you came too late,
My dearest Allied Forces,
But still it is a happy day,
The Huns away, the Huns away
With cars and bikes and horses.
The Huns away and we are free,
Sorry we are, there is no tea,
There is no gin nor wine,
The German took it all away,
But still it is a happy day,
You took the Siegfried-Line.
With Patton and Montgomery
You’re taking Western Germany.
It is no fairy tale,
Within a few days you’ll shake hands
At Berlin with our Russian friends,
The German nightingale,
Herr Hitler, doesn’t sing to-day
He’s feeling after some delay
Around his neck a tie.
He’ll be hung up, that makes him sad,
But we are glad, yes we are glad,
The Nazi-gang will die.
And there will be a time of peace,
There will be butter, sugar, cheese
And … freedom for us all.
You brought this freedom by your tanks
And thus to-day. I’m screaming: thanks.
The secret Music-Hall
![Handschriftlich verfasste Doppelseite in Druckbuchstaben mit eingeklebter Zeichnung eines Anzuges mit Anstecker und dem Titel: „Spreek me niet merr van den Oorlog!“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/05_owc_03.04.1945_spreek-me-niet-meer-van-den-oorlog_galleryimage.png?itok=x9K9hV_e)
Die eingeklebte Zeichnung von Leendert Jurriaan Jordaan, einem der bekanntesten politischen Karikaturisten der Niederlande, wurde im Oktober 1935 in der niederländischen Illustrierten Het Leven (Das Leben) abgedruckt. Da Curt Bloch bereits Ende 1943 im OWC eine Karikatur aus dieser Ausgabe verwendet hatte, ist davon auszugehen, dass er diese Zeichnung möglicherweise seitdem für die letzte Ausgabe aufgehoben hatte.
Spreek me niet meer van oorlog (Sprich mit mir nicht mehr über den Krieg), Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite in Druckbuchstaben mit eingeklebtem Foto eines Mann, der durch die Gitter seiner Zelle schaut, und dem Titel: „Freiheit“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/05b_owc_03.04.1945_freiheit_galleryimage.png?itok=vsMahHz6)
Vor dem Hintergrund jahrelanger Erfahrungen von Tyrannei und „Knecht
schaft im finsteren Verlies“
fordert das Gedicht An die Freiheit eindringlich dazu auf, die Freiheit zu hüten.
An die Freiheit, Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Handschriftlich verfasste Doppelseite in Druckbuchstaben mit der Überschrift „Boven Water Finale Van Het OWC“.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/06_owc_03.04.1945_bovenwaterfinale-van-het-owc-seite-1_galleryimage.png?itok=ibcGf6e_)
Curt Bloch war zwischen August 1943 und April 1945 mehrfach kurz davor, das OWC einzustellen: „Man kann den tagtäglichen Kräfte
verfall des Dritten Reichs konstatieren, aber daraus allein OWCs zusammen
zustellen ist unmöglich. Also eine Krise, eine neue Krise des OWC […].“
Bovenwaterfinale van het OWC (Überwasser-Finale des OWC), Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
![Doppelseite, auf deren linken Seite handschriftlich in Druckbuchstaben Text steht und am Ende das Wort „Tabé“ unterstrichen ist.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/07_owc_03.04.1945_bovenwaterfinale-van-het-owc-seite-2_galleryimage.png?itok=JQsd47Nc)
Mit einem „Tabé!“ (Auf Wiedersehen) konnte Bloch nach der Befreiung die Spalten seines OWC endgültig schließen. Trotz widerstreitender Gefühle zwischen Hoffnung und Verzweiflung gibt sich Bloch zuversichtlich, dass jetzt ein neues Zeitalter von Menschenliebe und Vertrauen, von Freiheit und Gerechtigkeit anbrechen werde.
Bovenwaterfinale van het OWC (Überwasser-Finale des OWC), Het OWC vom 3. April 1945; Jüdisches Museum Berlin, Konvolut/816, Sammlung Curt Bloch, Leihgabe der Charities Aid Foundation America dank der großzügigen Unterstützung der Familie von Curt Bloch
Wer las das OWC?
Curt Bloch war die längste Zeit im Haus von Albertus und Aleida Menneken in Enschede versteckt. Im Herbst 1942 nahm das Ehepaar zusätzlich Blochs Freund*innen Karola Wolf (1920–2015) und Bruno Löwenberg (1898–1986) auf. Als Karola Wolf im Mai 1943 das Versteck wechseln musste, ließ ihr Curt Bloch, der sich in sie verliebt hatte, über Boten versiegelte Briefe und Gedichte zukommen. Im August 1943 verfasste er das erste von insgesamt 37 Heften mit dem Titel Secret Service. Diesen Heften mit Liebesgedichten für Karola Wolf legte Bloch auch Het Onderwater Cabaret (OWC) mit seinen vorwiegend satirischen Inhalten bei. Zuweilen schickte Bloch seiner Erstleserin und Kritikerin Karola Wolf auch mehrere „OWC Nummern“ auf einmal. Über sieben Monate arbeitete Bloch parallel an beiden Magazinen im identischen Format.
Während das OWC den „Mennekens“, Bruno Löwenberg und anderen Freund*innen und Besucher*innen des Hauses bekannt war und mit ihnen geteilt wurde, hielt Bloch Secret Service streng geheim. Im März 1944 endete die Romanze. Bloch stellte die Arbeit an Secret Service ein, blieb jedoch mit Karola Wolf im engen brieflichen Austausch und ließ ihr weiterhin Ausgaben des OWC zukommen. Seine zahlreichen Briefe, von Karola Wolf sorgsam bewahrt, bieten aufschlussreiche Einblicke in Blochs Arbeit am OWC und weiteren Schriften.
![Cover eines Secret Service Heftes mit der Collage eines Matrosen mit Akkordeon, dessen Gesicht mit dem von Curt Bloch überklebt ist. Im Hintergrund sieht man ein Segel an einem Mast.](/sites/default/files/styles/media_lightbox/public/media/images/secret-service_035_curt-bloch_sidebarimage.png?itok=LHg6Bop-)
Secret Service Nr. 27 „Seemannsrose“, Februar 1944; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr.: 2023/141/26, Schenkung von Robert Saunders
![Schwarz-weiß Fotografie von zwei Männern und drei Frauen, die auf Stühlen in einem Garten sitzen.](/sites/default/files/styles/media_w748/public/media/images/curt-bloch-bruno-luewenberg-und-karola-wolf_contentimage.jpg?itok=ugVY6qos)
Von links: Bruno Löwenberg, eine unbekannte Frau, Helene Bloch, Curt Bloch und Karola Wolf, aufgenommen vermutlich im Sommer 1941; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr.: TE83 (OndCab)/29, Schenkung von Robert Saunders
Die Restaurierung der OWC-Hefte
Bevor er 1948 aus den Niederlanden in die USA emigrierte, ließ Curt Bloch die 95 Ausgaben von Het Onderwater-Cabaret binden. Im Januar 2023 kamen vier Bände mit Het Onderwater-Cabaret und ein fünfter Band mit weiteren Schriften in das Jüdische Museum Berlin. Die Einzelhefte wurden sorgfältig voneinander getrennt und restauriert, um sie erforschen und ausstellen zu können.
Papierrestaurator Stephan Lohrengel gibt Einblicke in seine Arbeit, und die Kurator*innen Aubrey Pomerance und Ulrike Kuschel erläutern, welche Möglichkeiten die Restaurierung für Ausstellung und Forschung bietet; Jüdisches Museum Berlin 2024, Drehbuch, Kamera und Schnitt: Peter Wollring
Möge Het Onderwater-Cabaret durch diese neue Zugänglichkeit endlich das von Bloch angestrebte größere Publikum erreichen, schließlich ist es in der heutigen Welt, in der Krieg, Desinformation, Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung allgegenwärtig sind, weiter hochaktuell.
Zitierempfehlung:
Ulrike Kuschel/Jüdisches Museum Berlin (2024), Het Onderwater-Cabaret. Curt Blochs satirisches Untergrundmagazin und ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit“.
URL: www.jmberlin.de/node/10232
![Collage in grau-blau auf orangem Hintergrund mit blauer Zickzacklinie: der Kopf eines Mannes in einer Taucherglocke, seine Hand umfasst einen Schlauch, daneben ein Manometer.](/sites/default/files/media/images/jmb_blochsowc_www_infopanel_r.jpg)
Alle Angebote zur Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit“ Curt Blochs Het Onderwater Cabaret
- Über die Ausstellung
- „Mein Dichten ist wie Dynamit“ Curt Blochs Het Onderwater Cabaret – 9. Feb bis 23. Jun 2024
- Begleitprogramm
- Katastrophe. Wirken im Versteck. Führung durch die Ausstellung – Termin nach Absprache
- Ausstellungseröffnung – 8. Feb 2024
- Kuratorenführung für Mitglieder der FREUNDE DES JMB – 8. Apr 2024
- Joodse vluchtelingen – Schicksale deutsch-jüdischer Emigrant*innen in den Niederlanden – 3. Mär 2024
- Archivbestände zu deutschen Jüdinnen und Juden in den Niederlanden – Show and Tell für Mitglieder der FREUNDE DES JMB, 7. Mär 2024
- Het Onderwater Cabaret Live. Ein musikalisch-literarischer Abend – 11. Apr 2024
- Publikationen
- JMB Journal 26: Het Onderwater Cabaret – Sonderausgabe zur Ausstellung
- Digitale Angebote
- Aktuelle Seite: OWC-Online-Feature – Ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellung
- Leben und Werk von Curt Bloch – Essay mit biografischen Einblicken, JMB Journal 26
- Versteckt in Enschede. Zeitzeugengespräch mit Herbert Zwartz – Video-Mitschnitt vom 16. April 2024 am Jüdischen Museum Berlin
- Auf dem Flügel meiner Phantasie – Video mit Marina Frenk, Richard Gonlag und Mathias Schäfer, auf Deutsch, Niederländisch und in deutscher Gebärdensprache
- „Es ist kompliziert“ – Ein Text von Simone Bloch, Tochter von Curt Bloch, JMB Journal 26
- „Ik neurie mee ’t propellerlied …“ – Essay über Het Onderwater-Cabaret als Zeugnis politischen Widerstands im niederländischen Exil (1943–1945)
- Untergrundliteratur in den Niederlanden 1940–1945 – Essay, JMB Journal 26
- Alle Audiostücke der Ausstellung – mit Transkriptionen und Übersetzungen
- Alle Ausgaben von Het Onderwater-Cabaret – zum Durchblättern
- Siehe auch
- Überleben im Versteck
- Zum Webprojekt www.curt-bloch.com