23. März bis 15. Juli 2012 Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren
Klal-Verlag
- Blick auf die Ecke Markgrafenstraße/Besselstraße im Frühjahr 2012 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Gelia Eisert
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Jüdischen Museums Berlin befand sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Berliner Zeitungsviertel mit vielen Verlagshäusern. Hier wurde am 24. Mai 1921 in der Markgrafenstr. 73 von Jakob-Wolf Latzki-Bertoldi, einem russischen Journalisten und Politiker, der Klal-Verlag gegründet.
Das Verlagsgebäude gehörte zum nahe gelegenen Ullstein-Verlag, der den Klal-Verlag und auch den russischen Slowo Verlag finanziell unterstützte.
1924 erschienen im Klal-Verlag die letzten Veröffentlichungen. 1930 wurde er ganz aufgelöst.
- Heutige Ansicht Markgrafenstraße, Nähe Besselstraße © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Gelia Eisert
- Heymish. Klal-bleter far unterhalt un wissn (Heimisch. Klal-Blätter für Unterhaltung und Wissen, in jiddischer Sprache) © Jüdisches Museum Berlin
1924 brachte der Klal-Verlag zwei Hefte der jiddischen Zeitschrift Heymish heraus, die sich an ein breites Publikum richtete. Sie umfasste Rubriken wie »Große Gelehrte« mit Porträts bekannter Persönlichkeiten wie z.B. dem Mediziner Paul Ehrlich, eine Schach-Seite und Übersetzungen aus Werken in Westeuropa bekannter Autoren wie Victor Hugo und Charles Baudelaire ins Jiddische.
Emigrantenverlage in Berlin
Anfang der 1920er Jahre gab es in Berlin viele Verlage, die in russischer Sprache publizierten. An rund 90 dieser Verlage waren jüdische Migranten beteiligte. Auf Jiddisch veröffentlichten mehr als 50 Verlage, aber nur wenige – wie der Klal-Verlag – brachten Bücher auf Hebräisch heraus. All diese Verlage exportierten ihre Druckerzeugnisse vorwiegend ins osteuropäische Ausland.
Günstige wirtschaftliche Bedingungen machten die Blütezeit der Verlage in den 1920er Jahre möglich: Bedingt durch die Inflation konnte, wer über ausländische Währung verfügte, für wenig Geld hochwertige Bücher produzieren.
Mit Ende der Inflation Mitte der 1920er Jahre waren die Vorteile Berlins als Verlagsstandort entfallen. Die meisten Emigrantenverlage mussten deshalb ihre Buchproduktion nach wenigen Jahren einstellen oder ihren Standort in andere Länder verlegen.
Leiter der hebräischen Abteilung im Klal-Verlag war Chajim Nachman Bialik (1873–1934). Der aus der Ukraine stammende Dichter war 1922 nach Berlin gekommen.
Bialik gilt als Begründer der modernen hebräischen Literatur. Er arbeitete als Verleger, schrieb Kinderbücher und übersetzte Werke der Weltliteratur ins Hebräische, darunter Cervantes und Schiller. Seine eigenen Gedichte übertrug er ins Jiddische, um sie einem größeren Publikum bekannt zu machen.
Chajim Nachman Bialik ließ sich 1924 mit seiner Frau in Tel Aviv nieder.
- Porträt Chajim Nachman Bialik, Radierung von Hermann Struck 1935
© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Hedwig Pachter
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