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Das erste Jüdische Museum in Berlin

Inka Bertz

Das erste Jüdische Museum in Berlin war eine Einrichtung der Jüdischen Gemeinde und befand sich in der Oranienburger Straße 31, in dem Gebäude links neben der Neuen Synagoge.

Eine Hinterlassenschaft von Albert Wolf

1907 hinterließ der Dresdner Juwelier Albert Wolf der Jüdischen Gemeinde zu Berlin seine umfangreiche Sammlung an Kultgeräten, Münzen, Medaillen, Porträts, Handschriften, Drucken und archäologischen Funden. Seit 1917 wurde sie in zwei Räumen neben der Gemeindebibliothek ausgestellt und von deren Leiter Moritz Stern betreut. Doch führte die Sammlung dort eher ein Schattendasein.

Ausbau der Kunstsammlung

Als zu Beginn der 1920er Jahre die Vertreter*innen der kulturzionistischen Jüdischen Volkspartei größeren Einfluss auf die Kulturarbeit der Gemeinde gewannen, änderte sich die Situation allmählich. Ein Ankaufsfonds für zeitgenössische Kunst wurde zur Verfügung gestellt, vor allem, um die Kunstschaffenden materiell zu unterstützen. Mit der Anstellung des Kunsthistorikers Karl Schwarz im Oktober 1927 – zunächst als Assistent, später als Kustos und Leiter – begann die Transformation der „Kunstsammlung der Jüdischen Gemeinde“ zum „Jüdischen Museum“.

Gründung eines Museumsvereins und feierliche Museumseröffnung

1929 gründete Schwarz den „Jüdischen Museumsverein“, dem Max Liebermann als Ehrenvorsitzender angehörte. Auch die Bestände wurden nun stark erweitert, vor allem im Bereich der bildenden Kunst und der palästinensischen Grabungsfunde. Das ehemalige Hospiz der Gemeinde im Gebäude neben der Synagoge wurde für Museumszwecke umgebaut. Am 24. Januar 1933 fand die feierliche Eröffnung statt.

Personalwechsel ab 1933

Schon sechs Tage später war durch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler eine völlig veränderte Situation entstanden. Im Sommer 1933 nahm Karl Schwarz das Angebot an, das Kunstmuseum in Tel Aviv aufzubauen. Danach leitete seine Mitarbeiterin Erna Stein-Blumenthal das Museum. Ihr folgte 1935 der Breslauer Kunsthistoriker Franz Landsberger, mit der Bibliothekarin Irmgard Schüler als Assistentin und der Kunsthistorikerin Rahel Wischnitzer-Bernstein als freier Kuratorin.

Wichtiger Bezugspunkt der jüdischen Gemeinschaft

Sie realisierten in den Jahren zwischen 1933 und 1938 zahlreiche Ausstellungen und machten das Museum zu einem wichtigen Bezugspunkt im kulturellen Leben der jüdischen Gemeinschaft. Eine wichtige Funktion des Museums bestand darin, den lebenden jüdischen Künstler*innen eine Ausstellungsmöglichkeit zu bieten und die verstorbenen zu ehren. Vor allem aber galt es, das kulturelle Selbstbewusstsein seines Publikums zu stärken, denn immer mehr Jüdinnen*Juden wandten sich unter dem Druck der antisemitischen Politik der jüdischen Kultur zu. Doch war auch das Museum, gleich den anderen jüdischen Institutionen, immer stärkeren Zwängen und Schikanen durch die deutschen Behörden ausgesetzt.

Beschlagnahme und Verbleib der Museumsbestände

Nach dem Novemberpogrom 1938 beschlagnahmte die Gestapo die Museumsbestände. Was in den folgenden Jahren mit ihnen geschah, ist heute nur zum Teil rekonstruierbar. 1946 wurde der größte Teil der Gemäldesammlung in einem Keller in der Schlüterstraße in Berlin-Charlottenburg aufgefunden und 1952 durch die Jewish Restitution Successor Organisation an das Bezalel Museum, das heutige Israel Museum, in Jerusalem übergeben; ein kleinerer Teil ging an jüdische Institutionen in den USA und Europa. Jakob Steinhardts großformatiges Gemälde Der Prophet tauchte 1965 unter mysteriösen Umständen in Bayern auf. Es konnte von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zurückerworben werden und ist heute in der Dauerausstellung der „Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ ausgestellt. Teile der Foto-Dokumentation sowie einige Dokumente und Objekte wurden durch die NS-Behörden ausgelagert und befinden sich heute im Jüdischen Historischen Institut in Warschau. Der überwiegende Teil der umfangreichen Sammlungen von Zeremonialobjekten, Münzen und Medaillen, archäologischen Funden und Grafiken werden jedoch weiterhin vermisst.

Weiterführende Literatur

  • Rauschenberger, Katharina, Jüdische Tradition im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Zur Geschichte des jüdischen Museumswesens in Deutschland, Hannover: Hahn 2002.
  • Simon, Hermann, Das Jüdische Museum in der Oranienburger Strasse. Geschichte einer zerstörten Kulturstätte, Teetz: Hentrich & Hentrich 2000 (E.A.: Berlin: Berlin Museum 1983, 2. Aufl. Berlin: Union 1988).
  • Schütz, Chana C. und Hermann Simon (Hg.), Jüdische Kunst – jüdische Künstler: Erinnerungen des ersten Direktors des Berliner Jüdischen Museums, Karl Schwarz, Teetz: Hentrich & Hentrich 2001.
  • Schütz, Chana C. und Hermann Simon (Hg.), Auf der Suche nach einer verlorenen Sammlung: das Berliner Jüdische Museum (1933–1938), Berlin: Hentrich & Hentrich 2011.
  • Schütz, Chana C. und Hermann Simon (Hg.), Bestandsrekonstruktion des Berliner Jüdischen Museums in der Oranienburger Straße, Berlin: Hentrich & Hentrich 2011.

Israel-Museum

Das 1965 errichtete Nationalmuseum Israels befindet sich in Jerusalen.
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Kontakt

Inka Bertz
Kuratorin für Kunst
T +49 (0)30 259 93 414
i.bertz@jmberlin.de

Postadresse

Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin

Zitierempfehlung:

Inka Bertz (2012), Das erste Jüdische Museum in Berlin.
URL: www.jmberlin.de/node/2966

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