LGBTIQ*
LGBTIQ* als Substantiv oder kleingeschrieben lgbtiq* als Adjektiv ist eine Abkürzung, um verschiedene Begehrensformen, Genderkonzepte und Lebensentwürfe unter einen Hut zu bekommen. Eine mögliche Auflösung des Kürzels ist lesbian, gay, bi(sexual), trans*, inter*, queer. Dabei markiert das Sternchen am Ende des Kürzels, dass solche Aufzählungen nie vollständig und passgenau sein können. Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Begriffe wird deutlich: Das Kürzel benötigt eigentlich ein eigenes Glossar.
LGBTIQ* im Judentum
Entgegen dem Klischee lehnt nicht jede orthodoxe Gemeinde Queers ab. Schauen wir in die USA, gibt es eine reiche Subkultur an queeren Traditionalist*innen, orthodoxen Queers, modern-orthodox queer-rights Aktivist*innen und queeren orthodoxen Gemeinden. Die grobe Faustregel ist jedoch: Liberales Judentum ist offener als orthodoxes, Lesbischsein gilt als geringerer Verstoß gegen das jüdische Gesetz als Schwulsein.
Dennoch bietet der Tanach, die Hebräische Bibel, einige der schönsten queeren Liebeserzählungen der Geschichte: ob nun Rut und Noomi oder Jonathan und David. Werden die Texte traditionell – samt ihrer Liebeserklärungen – als Sinnbild für Brüderlichkeit und Frauensolidarität ausgelegt, gelten sie in der Praxis des Re-Readings (in etwa Neulesens) oder Queer-Readings (Queerlesens) als Beispiele für queere Repräsentation in den jüdischen Schriften.
Geschlechtervielfalt
Im Talmud finden neben weiblich (Nekeivah/נְקֵבָה) und männlich (Zachar/זָכָר) noch vier weitere Geschlechterspektren Raum. Ihre Beschreibungen beziehen sich auf körperliche Geschlechtsmerkmale, aber auch Habitus, Empfinden und Selbstverständnis.
Die Rede ist von Ay’lonit (איילונית) und Saris (סריס), die nach heutiger Interpretation die Lebensrealität von trans* Personen beschreiben, sowie Androgynos (אַנְדְּרוֹגִינוֹ) und Tumtum (טֻומְטוּם), beide würden wir heute mit inter* Perspektiven übersetzten.
Auch wenn das Spektrum dabei sehr binär bleibt, ist es wichtig und bemerkenswert, dass der Umstand ihrer Existenz unweigerlich auch trans* und inter* Personen ein Existenzrecht einräumt. Das Judentum erkennt an, das Geschlecht wandelbar und veränderlich ist und findet dafür Raum jenseits von cis Männlichkeit und Weiblichkeit.