Aziz: Hast du schon mal Diskriminierung erlebt? Kannst du uns davon erzählen?
Doron: Dadurch, dass ich ja bei einem jüdischen Verein Fußball spiele und wir das ja relativ offensichtlich vertreten oder tragen, diese Farben und auch den Stern, kann man natürlich bei uns jetzt mehr als wenn ich jetzt irgendwie auf der Straße rumlaufe, das identifizieren und dementsprechend gab es auch mal hier und da Ausschreitungen, in antisemitischer Art, also entweder gegen Israel oder gegen das Judentum oder Juden. Ich denke beim Fußball ist es leider relativ häufig so, dass Leute auch diskriminiert werden, einfach weil Leute denken, es ist irgendwie eine Schwäche oder was auch immer und wir finden dann etwas, womit wir euch ärgern können. Und das ist ja auch ein sehr körperlicher und sehr ehrgeiziger Sport, wo Leute dann sehr schnell ihre Fassung verlieren und deswegen ist es schon häufiger vorgekommen.
Dalik: Wenn ich die Synagoge verlasse, hier um die Ecke, die Fraenkel-Ufer-Synagoge, dass der Polizist sagt mir hinterher, Dalik, nimm mal deine Kippa ab, dass ich mich nicht als Jude auf der Straße erkennbar machen darf. Und das finde ich eine schlimme Geschichte.
Miriam: Mein Vater ist Jude und meine Mutter ist keine Jüdin. Ich bin aber in der jüdischen Gemeinde aufgewachsen und habe auch viel, es gibt so Jugendlager und so weiter, da bin ich auch immer mitgefahren und mir wurde damals schon oft gesagt, du bist keine echte Jüdin. Was mich sehr verletzt hat, aber damit habe ich gelernt umzugehen. Aber eben jetzt geht es nicht darum, wer meine Eltern sind, sondern was für eine politische Meinung ich habe. Und aufgrund dessen wird mir das abgesprochen. Es wird zum Teil sogar erzählt, ich hätte meine Familiengeschichte erfunden, um mich zu verteidigen, weil das alle „guten“ antisemitischen Menschen, also gut in Anführungsstrichen, würden ihren jüdischen Hintergrund erfinden. Und deswegen hätte ich auch einen jüdischen Großvater erfunden.
Darya: Wenn ich irgendwie Diskriminierung verspüre, dann ist es halt in die andere Richtung, weil ich persisch bin.
Deborah: Ich wohne teilweise auf dem Land und ich habe auf dem Land wirklich ganz tolle, liebe Nachbarn. Aber zum Beispiel, wenn man ab und zu mal so eine Lieferung zu Hause bekommt, da kommen vielleicht Leute, die so eine Stunde weg wohnen und oft sind das so Leute, die die AfD wählen. Die in mein Haus kommen und ich erzähle, ich wohne teilweise in Berlin und ich habe sogar an der Sonnenallee gewohnt. Dann sagen sie, da ist nichts Deutsches mehr. Und dann sage ich nicht unbedingt, dass ich Jüdin bin, ich sage nur, ich bin Amerikanerin. Und ich sage, viele finden das ganz toll, dass Berlin so international ist. Ich versuche mit denen ein bisschen ins Gespräch zu kommen, dass vielleicht Leute gar kein Problem damit haben, wenn irgendwo eine Straße nicht mehr so deutsch ist. Dass es auch okay ist, dass es genug deutsche Straßen gibt und so. Aber da bin ich zum Beispiel vorsichtig, weil ich will da nicht nur nochmal diese Ebene reinbringen, weil nicht nur gibt es da diesen Rassismus und diese Fremdenfeindlichkeit, aber dann auch noch mit dem antijüdischen Rassismus in dem Gespräch zu hantieren. Da fühle ich mich dann verunsichert und versuche das dann eher nur in meinem öffentlichen Auftreten zu handhaben, statt in meinem privaten Leben.
Lili: Also ich bin schon ganz oft des Selbsthasses bezichtigt worden. Mir wird vorgeworfen, ich bin eine selbsthassende Jüdin, weil ich mich für Rechte von PalästinenserInnen ausspreche. Ich sehe das deswegen als antisemitische Diskriminierung, weil mir tatsächlich schon richtig, richtig viele Steine in den Weg gelegt worden sind. Ich bin einmal zum Beispiel ausgeladen worden von einer Veranstaltung, für die ich gebucht war als Sängerin. Kurze Zeit später wurde ich wieder ausgeladen von der Veranstaltung aufgrund des Antisemitismusvorwurfs. Und das ist natürlich, das nagt an meiner Lebensgrundlage. Also das ist mein Beruf, den ich gelernt und studiert habe und den ich sehr gerne ausübe.
Paula: Also das war erste Klasse, da sollten wir einfach eine Flagge malen. Und ich kannte die Israelflagge und dann habe ich die Israelflagge gemalt. Und da habe ich noch in einem Dorf gewohnt und es war wirklich so ein deutscher Junge, der dann irgendwie angefangen hat mit, oh, ich hasse Israel und warum malst du das? Und ich saß da so erste Klasse, ich hatte keine Ahnung. Ich war so, ich kenne einfach nur die Flagge und ich hatte die Farbe.
Darya: Ich meine, es kommen halt immer so, wenn man irgendwie mit deutschen Freunden redet und dann irgendwie erwähnt, dass man jüdisch ist. Das ist jetzt nicht Diskriminierung, aber dann kommen direkt halt so Fragen irgendwie, die so ein bisschen so unnötig sind.
Yoel: Es ist halt immer so ein bisschen die Frage, ab wann etwas, ab wann es Diskriminierung ist. Es ist eher so, wenn man Leute erfahren, dass man jüdisch ist, ist es eher so ein bisschen so, Alter, krass, ich habe jetzt einen Juden gesehen. Und auch so ein bisschen Stille, weil man dann nicht weiß, wie gehe ich jetzt mit ihm um. Was man mit Judentum verbindet, sind halt einfach so viele verschiedene Sachen. Dann habe ich das Gefühl, dass viele oft damit auch ein bisschen überfordert sind. Aber es ist keine Diskriminierung. Ich glaube, der Punkt ist nicht eher, ob man quasi Diskriminierung schon erfahren hat, sondern was man tut, damit man es nicht erfährt. Also zum Beispiel würde ich jetzt nicht mit einer Kippa auf die Straße laufen oder mit einer Kette mit Davidstern.