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Gedenksteine in vier Reihen, dazwischen Gras, im Hintergrund ein Mäuerchen

12 von 12.000

Gefallene deutsch-jüdische Soldaten im Ersten Weltkrieg

1932 gab der Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten zur Erinnerung an die 12.000 im Ersten Weltkrieg gefallenen deutsch-jüdischen Soldaten ein Gedenkbuch heraus. Damit sollten ihre Namen, soweit sie „noch festzustellen waren“, „verewigt“ werden.

Der 1919 gegründete Reichsbund verband damit die Hoffnung, den Antisemitismus abzuwehren, indem er den Beitrag deutscher Juden im Ersten Weltkrieg würdigte.

In seinem Vorwort stilisierte der Bundesvorsitzende Dr. Leo Löwenstein den Tod der deutsch-jüdischen Kriegsgefallenen zu einer „Blutprobe im deutschen Sinne.“

Die „Judenzählung“

Zum 100. Jahrestag der vom preußischen Kriegsminister am 11. Oktober 1916 angeordneten „Nachweisung der beim Heere befindlichen wehrpflichtigen Juden“, die als „Judenzählung“ in die Geschichte eingegangen ist, präsentieren wir die Biografien von zwölf deutsch-jüdischen Kriegsgefallenen, deren Militärdienst und Tod im Ersten Weltkrieg in den Archivbeständen des Museums dokumentiert sind.

Die Erhebung einer Statistik allein über die jüdischen Soldaten löste bei den betroffenen Männern im Felde, aber auch bei der gesamten jüdischen Bevölkerung im Lande eine große Empörung und tiefe Kränkung aus.

Buchdeckel, grünes Leinen, mit gedruckter Aufschrift.

Die jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres, der deutschen Marine und der deutschen Schutztruppen 1914–1918. Ein Gedenkbuch, hg. vom Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten, Berlin, 1932; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jörg Waßmer

Die Ergebnisse der Zählung blieben während des Krieges unveröffentlicht, was antisemitische Vorurteile weiter schürte.

Erst Anfang der 1920er Jahre wurden verlässliche Zahlen veröffentlicht, die belegten, dass es prozentual fast genauso viele jüdische Frontsoldaten und Gefallene gab wie nicht-jüdische.

Familiensammlungen

In vielen Familiensammlungen ist umfangreiches Material zum Militärdienst von deutschen Juden im Ersten Weltkrieg überliefert.

Welche Bedeutung diesem historischen Ereignis im Familiengedächtnis beigemessen wurde, zeigt sich daran, dass die meisten der hier präsentierten Objekte von den Verwandten und Nachkommen der Gefallenen in die erzwungene Emigration mitgenommen und jahrzehntelang in den Familien aufbewahrt wurden.

Trotz der Fülle des Materials sind jedoch häufig nur wenige Dokumente und Fotografien zu gefallenen Soldaten erhalten. Viele wurden so früh aus ihrem Leben gerissen, dass sie keinen Beruf ergreifen, nicht heiraten und keine Familie gründen konnten und daher nur wenige Spuren hinterließen.

Diversität statt Uniformität

Die zwölf hier dargestellten Gefallenen stammten aus Metropolen, Kleinstädten und Dörfern im gesamten Deutschen Reich: Sechs der Soldaten wurden im Königreich Preußen geboren, die anderen kamen aus dem Königreich Bayern, dem Herzogtum Braunschweig sowie den Freien Hansestädten Hamburg und Lübeck, ein Gefallener war außerhalb Deutschlands geboren worden.

Die Hälfte gehörte zu den einfachen Mannschaftsdienstgraden, von den übrigen waren drei Unteroffiziere, die drei weiteren bekleideten den Offiziersrang.

Das durchschnittliche Sterbealter der Gefallenen betrug 27 Jahre. Der jüngste war erst 18 Jahre alt, der älteste bereits 43. Fünf der Soldaten fielen im Jahr 1917, vier 1918, zwei 1916 und ein Soldat bereits im Oktober 1914.

Acht der Soldaten waren ledig und vier verheiratet, von denen drei auch Kinder hinterließen.

Ihre Sterbeorte sind über ganz Europa verstreut und reichen sogar bis in den Nahen Osten: Sieben Soldaten starben in Frankreich, zwei weitere fielen in Westflandern in Belgien. An der östlichen Front kamen zwei Soldaten bei Lublin und in einem ostgalizischen Dorf zu Tode. Der entfernteste Sterbeort ist Damaskus im damaligen Osmanischen Reich.

Zeichnung, Holzkohle und Graphit: Trauernder Halbakt zwischen Reihen von Grabsteinen.

Handzeichnung Den 10.000 gefallenen jüdischen Frontsoldaten, von Max Liebermann, Kohle, Bleistift, ca. 1923; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe

Landkarte Europas mit den Sterbeorten der zwölf gefallenen Soldaten an der Westfront, der Ostfront und am osmanischen Kriegsschauplatz

Brutalität des Krieges

Die Brutalität des Krieges spiegelt sich vor allem in den konkreten Todesursachen der Gefallenen wieder, sofern diese nicht durch euphemistische Formulierungen wie „auf dem Felde der Ehre gefallen“ oder „den Heldentod gestorben“ bemäntelt wurden.

Der Schrecken lässt sich erahnen anhand von Formulierungen wie „durch einen Artillerie-Volltreffer schwer verwundet“, „durch ein Artilleriegeschoß getroffen“, „Fleckfieber“, „Handgranaten-Kopfverletzung“, „Granatsplitter am linken Knie, Amputation“, „2 Gewehrschüsse in Brust und rechte Hüfte“, „Kopfschuss“, „seinen Wunden erlegen“.

Letzte Ruhestätten

Die Leichen von drei der Gefallenen wurden in ihre Heimat überführt und dort bestattet. Die anderen fanden ihre Ruhestätten auf Soldatenfriedhöfen. Ein Gefallener gilt als vermisst.

Aubrey Pomerance und Jörg Waßmer, Archiv

Zitierempfehlung:

Aubrey Pomerance, Jörg Waßmer (2016), 12 von 12.000. Gefallene deutsch-jüdische Soldaten im Ersten Weltkrieg.
URL: www.jmberlin.de/node/3836

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