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Schwarz-weiß-Foto eines Friedhofs, darüber das Porträtfoto eines Soldaten

Julius Weinberg
(1884–1918)

„Ob denn dieses Elend nicht bald ein Ende hat? Es hat wahrlich jeder einzelne Mann die Nase voll davon“, klagt der Gefreite Julius Weinberg in einem Feldpostbrief an seinen Bruder Benno in Dresden.

Der Brief ist nicht datiert, wurde aber vermutlich im Sommer 1915 geschrieben. Seit einem Jahr herrschte Krieg und er sollte sich, entgegen Julius Weinbergs Hoffnung, noch weitere drei Jahre hinziehen.

Zu diesem Zeitpunkt stand auch Benno Weinberg kurz vor der Einberufung und sein jüngerer Bruder rät ihm dringend, dies noch abzuwenden.

Briefe von der Front

Am 3. September schrieb Julius Weinberg seinem Bruder erneut und macht ihm keine Illusionen:

„(...) bleibe zu Hause, dann brauchst Du Dich nicht zu ärgern, außerdem Du bekämst einen besseren Posten, denn es gibt keine größere Ungerechtigkeit als im Kriege & beim Militär.“

In seinen Briefen bittet Weinberg den Bruder um große Mengen an Zigaretten und sendet ihm Ansichtskarten mit der Bitte, diese für ihn zu vervielfältigen.

Zigaretten waren unter den Soldaten begehrt: Sie waren Betäubungsmittel, Hungerblocker und Aufputschmittel vor der Schlacht. Ansichtspostkarten mit Motiven von der Front und aus dem Kriegsalltag wurden von den Soldaten zu Tausenden an ihre Familien in die Heimat geschickt. Julius Weinberg trieb offenbar Handel mit diesen Produkten, die eine beliebte Tauschwährung darstellten.

Brief: handschriftlich

Brief von Julius Weinberg an seinen Bruder Benno und dessen Frau Paula (1. Seite), 3. September 1915; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Ralph Wagner, Foto: Jens Ziehe

Im September 1915 muss sich Weinberg mit seiner Kompanie in Frankreich befunden haben, denn er schickte seinem Bruder die Liller Kriegszeitung.

Benno Weinberg folgte dem Ratschlag seines Bruders, sich bei einer Einberufung sofort krank zu melden, nicht. Auch er wurde eingezogen, genauso wie der dritte Bruder Max. Dieser verschickte eine Fotografie von sich und Julius in Uniform an die Familie und notierte auf der Rückseite, „dass er den Besuch Julius durch dies Bild festgehalten“ hat.

Ein Marsch ohne Rückkehr

Dem Absender einer Feldpostkarte von Julius Weinberg an Benno vom Februar 1918 können wir entnehmen, dass er zu dieser Zeit in der Sanitäts-Kraftwagenkolonne 710 in Damaskus diente, sich also nicht mehr auf europäischem Boden befand. Die Kolonne gehörte dem Asienkorps unter der offiziellen Tarnbezeichnung „Pascha II“ an, einem Verband der deutschen Streitkräfte, der zur Unterstützung des Osmanischen Reiches im Nahen Osten eingesetzt wurde.

Schwarz-weiß-Foto: Zwei uniformierte Soldaten mit Pickelhaube bzw. Militärmütze, vor einem Gebäude stehend

Julius Weinberg (links) mit seinem Bruder Max, ca. 1914–1918; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Ralph Wagner, Foto: Jens Ziehe

Am 30. September 1918 wurde Damaskus von arabisch-britischen Truppen eingenommen, aber die Niederlage seiner Armee erlebte Julius Weinberg nicht mehr. Bereits am 11. März war er, 33 Jahre alt, in einem Lazarett in Damaskus an Fleckfieber gestorben.

Die sogenannte „Kriegspest“ war zu jener Zeit eine noch völlig unerforschte Infektionskrankheit, die zu Schüttelfrost und hohem Fieber führte und oft tödlich verlief.

Als erste Angehörige erhielt Hedwig Weinberg die Nachricht vom Tod ihres Mannes. Sofort setzte sie ein Telegramm auf, in dem sie ihren Schwager Benno informierte und ihn bat, sich um die Überführung des Toten zu kümmern.

Vordruck, hand- und maschinenschriftlich

Telegramm von Hedwig Weinberg an ihren Schwager Benno, Steinbach am Glan, 13. März 1918; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Ralph Wagner, Foto: Jens Ziehe

Die Hinterbliebenen

Hedwig Weinberg war mit 33 Jahren Witwe geworden. Sie blieb mit der Tochter Ruth in Steinbach am Glan bei ihrer Familie wohnen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist*innen wanderten die meisten ihrer zehn Brüder und Schwestern aus. Hedwig Weinberg und ihrer Tochter gelang dies nicht. Sie wurden am 22. Oktober 1940 zusammen mit dem Vater und einer Schwester in das Lager Gurs in Frankreich verbracht. Von hier aus deportierte man sie 1942 nach Auschwitz und ermordete sie.

Die wenigen Zeugnisse, die von Julius Weinberg erhalten geblieben sind, fanden sich im Nachlass seiner Nichte Hilde Wagner, einer Tochter seines Bruders Benno. Sie war 1936 noch rechtzeitig mit ihrer Familie in die USA ausgewandert.

Weitere Informationen zu unserem Archivbestand zu Julius Weinberg finden Sie in unseren Online-Sammlungen.

Franziska Bogdanov, Archiv

Zitierempfehlung:

Franziska Bogdanov (2016), Julius Weinberg
(1884–1918).
URL: www.jmberlin.de/node/4573

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