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Grabsteine auf einem Friedhof, darüber das Porträt eines Mannes.

Arthur Polack
(1885–1917)

Zwei Männer in Uniform, zwei Brüder, abgelichtet 1916 in einem Fotoatelier: Arthur und Richard Polack.

Es ist das dritte Kriegsjahr und es sollte das letzte Mal sein, dass die beiden Brüder sich sehen.

Der Ältere, Richard Polack steht auf dem Foto rechts. Er war im zivilen Leben Kaufmann und wohnte mit Frau und Kindern in Heidelberg. Die Nummer auf dem Überzug seiner Pickelhaube und auf seinem Kragenspiegel weisen ihn als Angehörigen des 26. Landsturm-Infanterie-Bataillons im badischen XIV. Armeekorps aus.

Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Arthur lebte in ihrer beider Heimatstadt Hamburg und war ebenfalls verheiratet, wie der Trauring an seiner Hand zeigt. Auf dem Foto sitzt er links und trägt die preußische Uniform. An seiner Mütze sind die schwarz-weiß-rote Reichskokarde und darunter die Kokarde der Hanseaten zu sehen. Er gehörte dem Reserve-Infanterie-Regiment Hamburg Nr. 76 an.

Ein Hamburger Junge

Arthur Polack war 27 Jahre alt, als er 1912 das hamburgische Bürgerrecht erhielt. Damit war er nun auch zur Stimmabgabe bei Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft berechtigt.

Schwarz-weiß-Foto: Zwei uniformierte Soldaten, der eine sitzend, der andere stehend und mit Pickelhaube, Atelieraufnahme.

Die Brüder Arthur Polack (links) und Richard Polack (rechts), 1916; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Orah Young, Foto: Jens Ziehe

Er war in der Hansestadt geboren, dort zur Schule gegangen und hatte eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Beruflich trat er in die Fußstapfen seines Vaters, der Tabakvertreter war. Polack gründete seine eigene Firma, eine Tabakagentur, die ihren Sitz vis-à-vis der Speicherstadt hatte.

Einberufung zum Heer

Wir wissen, dass Arthur am 3. August 1914, bei Beginn des Ersten Weltkrieges, seine langjährige Verlobte Erna heiratete, die aus Altona stammte. Vermutlich war seine Einberufung zum Heer der Grund dafür, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt zur Heirat entschlossen.

Einzelheiten über seinen Militärdienst sind nicht bekannt. Unterlagen, wie z.B. sein Militärpass oder Soldbuch, die darüber Auskunft geben könnten, sind uns nicht überliefert.

Schrecken des Krieges

Schmuckurkunde mit dem Hamburger Wappen, Vordruck, handschriftlich ausgefüllt.

Bürgerbrief für Arthur Polack, Hamburg, 28. Februar 1912; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Orah Young, Foto: Jens Ziehe

Vom 29. Juni 1917 datiert der einzige erhaltene Feldpostbrief von Arthur Polack, der zu diesem Zeitpunkt bei Arras in Nordfrankreich in Stellung war. In diesem Brief gewährte er, an der Militärzensur vorbei, einer Cousine Einblicke in seine Gedanken und Gefühle. Von Heldenmut und Vaterlandsstolz keine Spur: Er schilderte, wie ihn der Tod seines Schwagers erschütterte, der kurz zuvor gefallen war. In seiner Trauer fühlte er sich sehr einsam, „selbst den Tod vor Augen und um mich herum seine Opfer sehend“, während seine Kameraden „alle abgestumpft“ seien. Ihn bedrückte auch die Sorge um seine Schwester Martha, die nun als Witwe schauen musste, wie sie allein mit den beiden Söhnen zurechtkam. Und schließlich war da noch die Angst um seine Ehefrau. Für sie wollte er überleben, „und doch geht es nicht“.

Arthur Polack scheint eine Vorahnung vom eigenen Tod gehabt zu haben, angesichts des Massensterbens, mit dem er konfrontiert war.

Schwarz-weiß-Foto: Ein Soldat in Uniform, rauchend, vor einem Gebäude mit bröckelndem Verputz.

Arthur Polack als Soldat in feldgrauer Uniform, ca. 1916; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Orah Young, Foto: Jens Ziehe

„Gefrierpunkt“

In bemerkenswerter Offenheit ging er in dem Brief auch auf antisemitische Erfahrungen ein. Er erwähnte zwar nicht die „Judenzählung“, die ein halbes Jahr zuvor durchgeführt worden und eine Reaktion auf die verbreitete – und falsche – Unterstellung war, Juden würden sich vor dem Wehrdienst drücken. Dass er immer noch Unteroffizier war, führte er aber auf „eine gewisse Animosität gegen das alte Testament“ zurück. Vor dem Hintergrund, dass Juden als „Drückeberger“ diffamiert wurden, stellte er verbittert fest: „Mein Patriotismus ist bald auf dem Gefrierpunkt.“

Zweieinhalb Wochen später war er tot.

Brief an die Eltern

Der 32-Jährige fiel am 17. Juli 1917 um 6 Uhr morgens „bei einem Sturm auf die feindliche Stellung“ östlich von Monchy-le-Preux. Eine Handgranate riss ihn aus dem Leben.

„Judenzählung“

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Der Kompanieführer machte Polacks Eltern in Hamburg die „traurige Mitteilung“, dass ihr Sohn „den Heldentod auf dem Felde der Ehre gefunden“ habe. Zu ihrer Beruhigung versicherte er ihnen, dass sein „Tod auf der Stelle“ eingetreten sei und er nicht lange habe leiden müssen. Der Kompanieführer bat darum, dass die Eltern die Witwe verständigen.

Letzte Ruhestätte

Die Leiche hatten Kameraden zunächst an Ort und Stelle „flüchtig beerdigt“.

Erst 1935 erfuhr sein Bruder Richard Polack, der mittlerweile nach Frankreich emigriert war und sich nur noch zeitweilig in Deutschland aufhielt, dass die sterblichen Überreste offenbar inzwischen auf den Soldatenfriedhof St.-Laurent-Blangy umgebettet worden waren.

Kriegerkult

Für die gefallenen Soldaten des Hamburger Infanterie–Regiments Nr. 76, dem auch Arthur Polack angehört hatte, ließ die Hansestadt 1936 ein Ehrenmal errichten, das heute noch existiert. Es besteht aus einem rechteckigen Block aus Muschelkalk mit einem Relief, das martialisch in Reih und Glied marschierende Soldaten zeigt. Die zentrale Inschrift lautet: „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen“.

Die Einweihung wurde als nationalsozialistische Massenveranstaltung inszeniert, die der Verherrlichung des Krieges und der propagandistischen Vorbereitung des kommenden Krieges diente.

Weitere Dokumente und Fotografien zu Arthur Polack finden Sie in unseren Online-Sammlungen.

Jörg Waßmer, Archiv

Brief, gedruckter Briefkopf, maschinenschriftlich.

Schreiben des Zentralnachweiseamt für Kriegerverluste und Kriegergräber an Richard Polack, Berlin, 9. Oktober 1935; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Orah Young, Foto: Jens Ziehe

Zitierempfehlung:

Jörg Waßmer (2016), Arthur Polack
(1885–1917).
URL: www.jmberlin.de/node/3849

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