Provenienzforschung im Jüdischen Museum Berlin
Auf der Suche nach der Herkunft unserer Sammlungsobjekte
Raub und Zerstörung von jüdischem Kulturgut und von Kulturgütern im Eigentum von Jüdinnen*Juden waren integrale Bestandteile der nationalsozialistischen Politik der Vernichtung jüdischen Lebens und jüdischer Kultur. Von 1933 bis 1945 wurden auf beispiellose Weise Kunst- und Kulturgüter aus jüdischem Besitz geraubt, zwangsveräußert und zerstört. Zwar entdeckten die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg viele der geraubten Objekte und restituierten sie an ihre ursprünglichen Eigentümer*innen, doch blieben unzählige Kunst- und Kulturgüter verschollen, verwaist oder weiterhin im Besitz derjenigen, die sie sich unrechtmäßig angeeignet hatten.
Systematische Prüfung unserer Bestände
Auch nach 1945 gelangten geraubte Objekte über Ankäufe und Schenkungen in die Sammlungsbestände vieler Museen weltweit. Die Sammlung des Jüdischen Museums ist davon nicht ausgenommen. Aus diesem Grund haben wir bereits in der Vergangenheit Teilbestände der Sammlung überprüft. Seit 2023 haben wir eine feste Stelle für Provenienzforschung eingerichtet und weiten die Forschung auf die gesamte Sammlung aus. Wir versuchen, geraubte Objekte zu identifizieren, indem wir ihre Vorbesitzer*innen sowie ihre Geschichte in der Zeit zwischen 1933 und 1945 recherchieren.
Provenienzforschung in der Gemälde- und Skulpturensammlung
Die Provenienzforschung am Jüdischen Museum begann im April 2015 mit der Untersuchung der Gemälde- und Skulpturensammlung. Eines der Ergebnisse dieses zweijährigen Projektes war die Klärung der Provenienz der Ölskizze Das Gastmahl der Familie Mosse des Künstlers Anton von Werner. Sie konnte im Dezember 2016 an die Erben restituiert werden. Weitere Forschungsergebnisse des Projekts werden im Rahmen unserer Objekt-Datenbank online veröffentlicht.
Provenienzforschung in der Judaica-Sammlung
In einem weiteren zweijährigen Projekt wurden von 2017 bis 2019 die Provenienzen der jüdischen Zeremonialgegenstände in unserer Sammlung – wie Tora-Schmuck, Chanukka-Leuchter oder rituelle Textilien – untersucht. Einen Schwerpunkt dieser Recherche bildete die Sammlung des Münsteraner Judaisten und Kantors Zwi Sofer, die 1981 für die Jüdische Abteilung des Berlin Museums erworben wurde und sich heute im Jüdischen Museum Berlin befindet.
Herzlicher Dank gebührt den Angehörigen von Zwi Sofer, die Zugang zu seinem privaten Nachlass gewährt und das Projekt von Anfang an unterstützt haben.
Wer war Zwi Sofer?
Zwi Sofer (1911–1980), Judaist, Kantor und Sammler, geb. in Podolien, 1929 Alija, Studium in Wien, 1938 Emigration nach Palästina, ab 1959 engagierte er sich in Deutschland für den Wiederaufbau jüdischer Gemeinden
Umgang mit den Forschungsergebnissen
Die Ergebnisse unserer Recherchen werden wir auf dieser Website zugänglich machen – für bereits veröffentlichte Ergebnisse, beachten Sie die weiterführenden Link-Boxen am Ende dieser Seite.
Falls wir geraubte Objekte in unseren Beständen finden, bemühen wir uns zudem, potenzielle Erb*innen ausfindig zu machen und mit ihnen eine gerechte und faire Lösung zu finden.
Beitrag in Provenienz & Forschung
Friedlander, Michal/Augustin, Anna-Carolin: „Provenienzforschung zu Judaica am Jüdischen Museum Berlin“, in: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste (Hg.): Provenienz & Forschung 2 (2018), S. 13–19 (zum Heft auf der Verlagshomepage).
Download (PDF / 132.19 KB / auf Deutsch / nicht barrierefrei)Beitrag im Museumsjournal
Augustin, Anna-Carolin: „Von Tora-Schmuck, Chanukka-Leuchtern und rituellen Textilien. Auf der Spur verschlungener Judaica-Biografien“, in: Museumsjournal Berlin & Potsdam 1 (2019), S. 26–27 (zum Heft auf der Verlagshomepage).
Download (PDF / 49.87 KB / auf Deutsch / nicht barrierefrei)Mit freundlicher Unterstützung von
Kontakte
Bei allgemeinen Fragen zur Provenienzforschung wenden Sie sich bitte an
Elisabeth Weber
Provenienzforschung
T +49 (0)30 259 93 491
e.weber@jmberlin.de
Bei Fragen zur Provenienzforschung in der Judaica-Sammlung wenden Sie sich bitte an
Michal S. Friedlander
Kuratorin für Judaica und Angewandte Kunst
T +49 (0)30 259 93 511
m.friedlander@jmberlin.de
Bei Fragen zur Provenienzforschung in der Gemälde- und Skulpturensammlung wenden Sie sich bitte an
Inka Bertz
Kuratorin für Kunst
T +49 (0)30 259 93 414
i.bertz@jmberlin.de