Veröffentlicht von am 12. Juni 2014 0 Kommentare

Jüdische Schrift und Liebe mit Vertrag

Ein Museumsführer mit einer Gruppe Kinder in der Ausstellung »Die Erschaffung der Welt«, ein kleiner Junge meldet sich

Schülerinnen und Schüler werden durch die Ausstellung »Die Erschaffung der Welt« geführt
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Nadja Rentzsch

»Ich weiß es«, ruft Tamo* (10 J.): »Es ist jüdische Schrift!« »Hebräisch heißt es – hebräische Schrift«, verbessert ihn Mia (10 J.). Sie weiß es genau, ihre beste Freundin kommt aus Israel. Bei ihr hat sie schon einmal diese Buchstaben gesehen. Alexander (34 J.) schmunzelt. Er ist Referent im Jüdischen Museum. Heute führt er eine Berliner Grundschulklasse durch die aktuelle Wechselausstellung »Die Erschaffung der Welt«. Historische Schriftstücke und kunstvolle Illustrationen sind zu sehen.

Zwei Mädchen vor einem verzierten Schriftstück an einer roten Wand

Workshop-Teilnehmerinnen studieren einen reich verzierten Hochzeitsvertrag
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Nadja Rentzsch

»Sind die alt!«, staunt Leonie (9 J.). Solche Bücher hat sie noch nie gesehen. Die Kinder beugen sich neugierig über die Vitrinen. Als sie an den Ketubbot, den jüdischen Eheverträgen, vorbeikommen, erklärt Alexander die reich verzierten Schriftstücke. »Meine Eltern haben auch einen Vertrag«, berichtet Katharina (10 J.). »Damit sie sich nicht streiten und immer lieb haben.« »So ein Quatsch«, Chiara (9 J.) schüttelt ungläubig den Kopf. »Lieb haben mit Vertrag?« Auch Kolja (10 J.) findet das komisch: »Wie beim Autokauf?« »Jeder wie er möchte! Auch heute werden Eheverträge geschlossen. Das kann bei einem Streit helfen«, beendet Alexander die Diskussion und führt die Kinder weiter. Denn es gibt noch was zu sehen: die prunkvollen Megillot. Hier kann Mia wieder mit ihrem Wissen punkten: »Die Esther-Rolle gehört zum Purimfest.« Bei ihrer Freundin hat sie einmal mitgefeiert, berichtet sie stolz. Die Jüdin Esther rettet ihr Volk vor dem bösen Haman. Beim Wort Haman durften alle laut mit einer Ratsche Krach machen. Das war ein Spaß.

Zwei Mädchen vor Ester-Rollen in einer Vitrine an einer gelben Ausstellungswand

Esther-Rollen in der Ausstellung »Die Erschaffung der Welt«
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Nadja Rentzsch

Am Ende des Rundgangs führt Alexander die Kinder in die Akademie des Jüdischen Museums, in die Kreativwerkstatt. Hier warten eine Buchbinderin und eine Kalligrafin auf die muntere Gruppe. Schnell werden die Kittel übergezogen, zu Papier, Tinte und Feder gegriffen. Die Kalligrafin erklärt, wie es geht. Sie hat sogar Federn aus Bambus mitgebracht. Sie wachsen im Garten einer Freundin. Die Kinder lauschen mit offenen Mündern. Dann legen sie selber los und produzieren ihre eigenen Handschriften.

Ein Junge und ein Mädchen zeigen sich gegenseitig selbst gebastelte Büchlein

Am Ende haben alle ein selbst gestaltetes und gebundenes Büchlein
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Nadja Rentzsch

Einen Raum weiter beim Buchbinde-Workshop schauen die Kinder skeptisch auf Nadel und Faden. Das kriegen sie doch nie hin – so ein Miniloch. Und dann sollen sie auch noch Papier zusammennähen? Mit Geduld und Unterstützung klappt es dann doch. Später schauen sie stolz auf ihre produzierten Heftchen. Zur Verzierung werden Kopien jüdischer Handschriften gereicht. »Ich brauche auch ein Bild mit jüdischer Schrift«, drängelt Tamo. Mia rollt die Augen: »Hebräische Schrift!«

Nadja Rentzsch, Bildung

(*Namen von der Redaktion geändert)

Anmerkung der Redaktion:
Falls Sie mit Ihrer Schulklasse (3. bis 13. Klasse) gerne bis zum 3. August das Programm »Schöne Seiten – Schrift und Schriftkultur« buchen wollen, melden Sie sich bitte unter:
+49 30 25993 437 oder kinder@jmberlin.de

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